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Rasenthema: September 2024

Autor: M.Sc. Timo Blecher, Vorstandsmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Krankheitsdruck nimmt bei feucht-warmer Witterung deutlich zu

 

Für viele Hobbygärtner, aber auch professionelle Anwender, wird in diesem Sommer eine Bewässerung nicht oder deutlich seltener notwendig gewesen sein, als dies in den vielen vergangenen Trockenjahren der Fall war. Es wird deutlich, wie wichtig eine ausreichende Wasserversorgung für die Rasenflächen ist und wie positiv sich das Erscheinungsbild des Grüns unter entsprechenden Bedingungen entwickelt.

Selbst unter den abnehmenden Niederschlägen im aktuellen Monat August zeigen die nachfolgenden Daten des Deutschen Wetterdienst, dass sich die aktuelle Bodenfeuchte unter Gras (betrachtet wird hier die landwirtschaftliche Nutzung) in 0-60 cm Bodentiefe über viele Regionen in Deutschland sehr günstig präsentiert (vgl. Abb. 1).

 

Bodenfeuchte (nFK) unter Gras in einer Tiefe von 0-60 cm in Deutschland am 24.08.2024
Abb. 1: Bodenfeuchte (nFK) unter Gras in einer Tiefe von 0-60 cm in Deutschland am 24.08.2024

 

Lediglich einige Bereiche im Osten Deutschlands weisen eine nFK < 40 % auf, was, verglichen mit den letzten Jahren, trotzdem eine leicht verbesserte Situation darstellt.
Eine ausreichende Wasserversorgung des Rasens ist eine der wichtigsten Faktoren, um eine leistungsfähige Rasennarbe zu erhalten. Gleichzeitig wächst mit zunehmender Feuchtigkeit, besonders in Verbindung mit hohen Temperaturen, der Krankheitsdruck auf die Gräser. Besonders Pilzkrankheiten werden durch feucht-warme Witterung gefördert und konnten in den letzten Wochen verstärkt beobachtet werden.

Hierbei werden neben der klassischen „Sommerinfektion“ mit Rotspitzigkeit aktuell verstärkt Rhizoctonia und bereits verfrühte Rostinfektionen beobachtet. Ausführliche Informationen zu den verschiedenen Krankheiten lassen sich über die Suchfunktion unter folgendem Link finden: www.rasengesellschaft.de/themenfelder.html

 

Im Folgenden sollen die Krankheiten daher nur kurz charakterisiert werden:

Rotspitzigkeit

Bei Rotspitzigkeit (Laetisaria/Corticium fuciforme) handelt es sich um eine weltweit vorkommende Rasenkrankheit mit Vorkommen in breitem Temperaturkorridor zwischen 5 und 30 °C. Folglich ist ein Befall während des ganzen Jahres möglich. Es zeigen sich zunächst unregelmäßig geformte, kleine Flecken, die hellbraun und im weiteren Krankheitsverlauf im Zuge des Absterbens der Blattspitzen strohfarben werden. Deutlichstes Kennzeichen ist das vor allem bei hoher Luftfeuchtigkeit auftretende rot- bis rosafarbene, schleimig bis watteartige Myzel an den Blattspitzen. Ganze Rasenflächen können im Temperaturoptimum des Pilzes bei 16 bis 22 °C befallen werden, oftmals sind jedoch nur tellergroße Schadflächen sichtbar. Rotspitzigkeit ist eine Pilzerkrankung, die vor allem auf Stickstoffmangel hindeutet und vor diesem Hintergrund vor allem auf Intensivrasenflächen beobachtet wird. Insbesondere dann, wenn es auf diesen Flächen bei sehr wüchsigem Wetter und hoher Schnittfrequenz zu hohen Nährstoffentzügen und damit auch rasch zu Stickstoffmangel kommt (NONN, H. 2003)1.

Rhizoctonia

Rhizoctonia ist eine typische Sommerkrankheit. Hohe Boden- und stärker noch Luftfeuchtigkeiten in Verbindung mit hohen Temperaturen fördern die Verbreitung. Im Rasen vorkommend sind die beiden Arten Rhizoctonia solani (Brown Patch) und Rhizoctonia cerealis (Yellow Patch). Rhizoctonia solani tritt vornehmlich bei Temperaturen oberhalb von 25 °C auf und ist durch hellbraun-rötliche 5 bis 100 cm große, unregelmäßige Flecken gekennzeichnet. Diese sind häufig durch einen graublauen Ring am Rand der Befallsstellen abgegrenzt. Rhizoctonia cerealis (Temperaturoptimum zwischen 10 und 20 °C) lässt sich eher an gelblichen oder gelb-bräunlichen Flecken erkennen. Diese sind bänderartig im Rasen ausgebreitet. Weil der Vegetationskegel nur selten befallen wird, sterben befallenen Pflanzen in aller Regel nicht ab. Im Zuge der Ausheilung der Pflanze kommt es zur Ausbildung sog. „Froschaugen-Symptome“. Darunter ist ein Ring aus befallenen, hellbraun verfärbten und unschön anzusehenden Gräsern in der Peripherie und neu austreibendem Rasengrün im Zentrum der Rhizoctonia-Flecken zu verstehen.

Befallsfördernde Faktoren sind hohe Luftfeuchtigkeit, Windstille, Tau, sehr intensives Rasenmanagement verbunden mit tiefem Schnitt, Tagestemperaturen um 25 °C und Nächte mit geringer Abkühlung. Alle Rasengrasarten können befallen werden (vgl. www.pflanzenkrankheiten.ch)2

Rost

Es gibt über 5.000 verschiedene Rostarten. Die für heimische Rasenflächen relevantesten Rostarten sind Braun- (Puccinia recondita), Gelb- (P. striiformis), Kronen- (P. coronata), Schwarz- (P. graminis), Schwingel- (P. festucae)und Streifenrost (P. poarum). Kleine aufgehellte, chlorotische Flecken breiten sich parallel zur Blattachse aus und aus den Fruchtkörpern reifen die Rostpusteln, auch Sporen genannt. Über diese, leicht vom Wind fortgetragenen Sporen vermehren sich die Rostpilze. Grundsätzlich können alle Rasenarten, -mischungen und -typen befallen werden, unabhängig vom Pflegeregime und der Nutzungsintensität. Besonders stark auffallend sind häufig die intensiv gold-gelb leuchtenden Gelbrost-Sporenlager bei Wiesenrispe, die reihenartig entlang der Blattoberseite angeordnet sind. Anders als der aus wärmeren Klimaten zunehmend zu uns einwandernde Schwarzrost hat Gelbrost sein Hauptauftreten vor allem im Herbst, manchmal aber auch bereits im Frühjahr. Grund hierfür ist das mit 15 °C deutlich geringere Temperaturoptimum im Vergleich zu Schwarzrost. Regelmäßige Herbstschnitte mit Abfuhr des befallenen Schnittgutes wirkt befallsmindernd. Wichtigste Rostart im Rasen ist der orange Streifenrost. Hauptwirt sind alle Arten der Gattung Poa, als Zwischenwirt triff Huflattich (Tussilago farfara) auf. Weil der gesamte Infektionszyklus in nur zwei bis drei Wochen durchlaufen wird, sind Mehrfachinfektionen möglich. Im Allgemeinen sind Rosterkrankungen Schwächezeiger, so dass diese im Hauptwirt Rasen meist in Phasen schwächeren Wachstums, ob witterungs-, nährstoff- oder standortbedingt, auftreten (vgl. HENLE, W. 2012)3.

Treten die oben genannten oder andere Krankheitsinfektionen auf, stellt sich die Frage, welche Maßnahmen akut und besser bereits prophylaktisch getroffen werden können.
Bei akutem Befall kann es hilfreich sein, durch eine temporäre Reduktion der Pflegemaßnahmen eine Ausbreitung der Pilzkrankheit zu reduzieren. Hierzu werden, wenn die Witterung dies zulässt, die Rasenbewässerung für einige Tage unterlassen und auch das Schnittmanagement reduziert. Der Rasenbestand wird so kurzfristig weniger stark beansprucht und mögliche Pilzsporen werden in ihrer Ausbreitung gehindert. Natürlich muss zeitnah das fachgerechte Pflegemanagement wieder aufgenommen werden.

Bei starkem Befall und weiterhin günstiger Witterung für eine Ausreitung der Infektion kann der Einsatz eines Pflanzenstärkungs- oder eines Pflanzenschutzmittels, je nach Verfügbarkeit und Zulassungsstatus, hilfreich sein. Pflanzenstärkungsmittel müssen für eine zielgerichtete Wirkung bereits im Vorfeld eingesetzt werden, d. h. wenn die Witterung die Gefahr für Pilzkrankheiten erhöht und der Rasenbestand erste Stresssymptome zeigt.

Neben den akuten Maßnahmen stellen prophylaktische Maßnahmen die größere Einflussmöglichkeit für Rasenbesitzer dar. Hierbei ist insbesondere die Sorten- und Mischungswahl ein wichtiger Faktor, wie unser Bild des Monats eindrücklich zeigt. Die unterschiedlichen Rostresistenzen werden im Zusammenhang mit der Sortenzulassung in der Raseneignungsprüfung getestet und ihr Vorkommen dokumentiert, eingestuft und anschließend in der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes entsprechend beschrieben. Dies gilt für alle regelmäßig auftretenden Rasenkrankheiten. Durch die Auswahl gesunder bzw. wenig anfälliger Sorten kann ein guter Grundstein für eine hohe Rasengesundheit gelegt werden.

Neben der Sortenwahl nimmt das Nährstoffmanagement großen Einfluss auf das Auftreten unterschiedlicher Pilzkrankheiten. Zeigt die Rotspitzigkeit, wie oben beschrieben, in der Regel eher eine Stickstoffmangelsituation der Rasengräser an, so wird die Ausbreitung von Rost und insbesondere Rhizoctonia durch erhöhte Stickstoffverfügbarkeiten deutlich gefördert. Denn insbesondere starke Stickstoffgaben lassen Pflanzenzellen größer werden. Mit dem Größenwachstum nimmt auch die Oberfläche der Zellwände zu. Vergrößerte und damit einhergehend häufig auch weichere Zellwandoberflächen sind grundsätzlich anfälliger für das Eindringen pilzlicher Erregersporen. Abbildung 2 zeigt diesen Effekt eindrücklich. Hierbei wurde in einem Stickstoffsteigerungsversuch unterschiedlicher Sorten unmittelbar vor Beginn einer Rizoctonia-Infektion eine Stickstoffgabe in Höhe von 5 g N/m² gedüngt. Diese Menge war in einem schon mit 15 g N/m² versorgtem Bestand ausreichend, um die Pilzinfektion massiv zu fördern und je nach Anfälligkeit der Sorte beinahe zum Absterben der gesamten Parzelle zu führen (oberer Streifen in Abb. 2).

 

Stickstoffsteigerungsversuch unterschiedlicher Sorten (vertikal) mit enormer Rhizoctonia-Anfälligkeit in höchster Düngeintensität (obere Reihe).
Abb. 2: BStickstoffsteigerungsversuch unterschiedlicher Sorten (vertikal) mit enormer
Rhizoctonia-Anfälligkeit in höchster Düngeintensität (obere Reihe).

 

Es ist daher auf eine gleichmäßige und ausgewogene Nährstoffverfügbarkeit zu achten und Düngemaßnahmen sind – besonders bei feucht-warmer Witterung – eher in mehrere Einzelgaben aufzuteilen.

 

 

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