Rasenthema: September 2018
Autor: © Dr. Ulf Feuerstein, Head of Seed Technology, Deutsche Saatveredelung AG
Saatgutbehandlung für Rasenmischungen
Einleitung
Auf dem Saatgutmarkt kann der Kunde heute sehr unterschiedliche Produkte für seine speziellen Bedürfnisse finden. Für fast alle Anwendungen stehen ihm mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. Die Saatgutbehandlung hat das ohnehin schon breite Sortiment an Sorten und Mischungen nochmals enorm erweitert. Da gibt es spezielle Behandlungen für die Nachsaat, für ein besseres Wachstum oder gegen Stressbedingungen. Aber was steckt dahinter? Welche Chancen bietet die Saatgutbehandlung und wo sind ihre Grenzen?
Um es vorweg zu nehmen, ohne eine gute Vorbereitung, und dazu gehören die richtige Aussaattechnik und eine regelmäßige Pflege, gelingt keine Rasenansaat. Hinzu kommt eine gute Saatgutqualität (frische Samen mit einer guten Keimfähigkeit) und die Wahl von guten Sorten bzw. Mischungen. Es ist auch der Verwendungszweck der Rasenmischung zu berücksichtigen – wird z. B. ein reiner Zierrasen oder ein Sportrasen gewünscht. Erst wenn all diese Faktoren erfüllt sind, kann die Saatgutbehandlung ihre Stärken ausspielen.
Methoden der Saatgutbehandlung
Vorteile können vor allem im Handling und in der Jugendentwicklung erwartet werden, weil die Keimung verbessert und beschleunigt wird. Die Jungpflanzen werden gestärkt und die Stressanfälligkeit dadurch reduziert. Durch die Zugabe von Mikroorganismen wird die Wirkungsphase der Behandlungen auf einige Monate ausgedehnt. Der direkte Einfluss der Saatgutbehandlung erstreckt sich bei fast allen Behandlungen von einigen Wochen bis wenige Monate. In dieser Phase ergibt sich aber eine Reihe von Effekten auf die späteren Bestände. Denn durch einen schnellen Aufgang des Rasens und durch die Stärkung der Jungpflanzen werden nicht gewünschte Pflanzenarten unterdrückt und man erzielt einen dichteren und gleichmäßigeren Rasen.
Inkrustierung
Die Samen der Rasengräser sind sehr leicht. Tausend Samen wiegen bei den meisten Arten unter ein Gramm. Nur beim Deutschen Weidelgras werden auch mal Werte von über zwei Gramm erreicht. Diese geringe Masse macht die Samen bei der Aussaat äußerst windanfällig und es ist sehr schwer, sie gleichmäßig auf dem Boden zu verteilen. Durch die Zugabe von Masse (z. B. durch Gesteinsmehle) wird das Handling bei der Aussaat deutlich vereinfacht. Bei den meisten Behandlungen, man spricht beim Massezusatz von Inkrustierungen, wird zwischen 50 % und 500 % Gewicht zugesetzt.
Die Inkrustierung vereinfacht nicht nur das Handling, sie ermöglicht es, dem Samen weitere Stoffe zuzusetzen. Die Keimpflanze versorgt sich normalerweise zwei bis zu vier Wochen durch die im Samen vorhandenen Vorräte. Dann muss sie nach und nach auf eine Außenversorgung umschalten. Sind im zunächst sehr kleinen Wurzelraum nicht genügend Nährstoffe vorhanden, verzögert sich das Wachstum und die Keimpflanze kann sogar Mangelsymptome zeigen. Durch die Zugabe von Nährstoffen wird das Wachstum angeregt und die Entwicklung erfolgt schneller und kräftiger (Tabelle 1).
Tab. 1: Jungpflanzenentwicklung nach Saatgutbehandlung beim Deutschen Weidelgras (Rasensorte Vesuvius).
In einem Rhizotron kann das Wurzelwachstum in der Jugendentwicklung von Pflanzen beobachtet werden. In dem in Tabelle 1 dargestelltem Versuch wurden nach 19, 26 und 34 Tagen Fotos des Wurzelraumes aufgenommen und mit einer Software die Wurzelmasse analysiert. Parallel dazu wurde zum Termin 34 Tage auch noch eine Bonitur durchgeführt. Eine leichte Nährstoffzufuhr (50 % Zusatz zur Saatgutmasse) führte bei den Gräsern zu einer leichten Wurzelzunahme. Wurde die Nährstoffgabe jedoch verdoppelt (100 % Zusatz zur Saatgutmasse), dann konnte eine starke Erhöhung der Wurzelbildung zu allen drei Erfassungsterminen beobachtet werden (Bilder siehe Originalaufsatz Z. RASEN 3-2018).
Wasserversorgung
Die Keimung wird besonders dann verbessert, wenn unzureichende Mengen an Wasser zur Verfügung stehen. Das unbehandelte Saatgut trocknet nach der Aussaat bei Sonnenschein nach kurzer Zeit wieder ab. Die Inkrustierung wirkt dagegen wie ein Schwamm. Das Wasser sammelt sich um das Saatkorn. Der Samen erhält die notwendige Feuchtigkeit und fängt zügig an zu keimen. Dieser Unterschied zwischen dem behandelten und dem unbehandelten Saatgut ist umso deutlicher zu beobachten, je ungleichmäßiger die Wasserversorgung des Samens ist. Diese verbesserte Wasserversorgung zeigt sich in der Praxis in einem deutlich höheren Feldaufgang (Abbildung 1).
Abb. 1: Aufgang von behandelter Wiesenrispe (links) im Vergleich zu unbehandelter (rechts) 20 Tagen nach Aussaat bei starker Trockenheit (Foto: U. Feuerstein).
Nährstoffversorgung und Phytohormone
Nährstoffe verbessern sowohl das Blattwachstum als auch das Wurzelwachstum. In Abhängigkeit von der Nährstoffzusammensetzung (insbesondere bei reichlich Stickstoff) wird aber die oberirdische Masse bevorzugt ausgebildet. Durch die Zugabe von Pflanzenhormonen ist es möglich, die Wuchsleistung der Jungpflanze zunächst auf das Wurzelwachstum zu konzentrieren. Dadurch kann kurzfristig die Wurzelmasse gegenüber den unbehandelten Jungpflanzen um bis zu 52 % gesteigert werden (Tabelle 2). Die stärkere Wurzelentwicklung verwächst sich zwar mit der Zeit, führt aber insbesondere bei Trockenphasen in den ersten Wochen zu einer schnelleren Narbenbildung.
Tab. 2: Wirkung der Saatgutbehandlung mit Nährstoffen und Phytohormonen auf Wurzel- und Grünmasse.
In einem Versuch mit Weidelgras konnte gezeigt werden, dass durch eine Stickstoff betonte Düngung vor allem die oberirdische Masse gefördert wird wohingegen der Wurzelbooster mehr die unterirdische Masse voranbrachte. Durch die gemeinsame Behandlung mit Nährstoffen und Wurzelbooster konnte eine gleichzeitige Steigerung der oberirdischen Biomasse und der Wurzelmasse erzielt werden.
Abbildung 2 zeigt jeweils einen Ausschnitt der Wurzelmasse der Varianten mit Nährstoffen und Wurzelbooster sowie der unbehandelten Variante.
Abb. 2: Vergleich der Wurzelentwicklung bei behandeltem Weidelgras-Saatgut (links) gegenüber unbehandeltem (rechts) acht Wochen nach der Aussaat in Töpfen (Foto: U. Feuerstein).
Fazit
Hinter einer guten Saatgutbehandlung stehen umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, nur so können regelmäßig positive Effekte erzielt werden. Zu den Grundbausteinen der Behandlung zählen Hüllsubstanz, Nährstoffe, Stärkungsmittel, Phytohormone und Mikronährstoffe. Bei allzu vollmundigen Versprechungen sollte man kritisch sein.
Die wichtigste Basis für eine erfolgreiche Rasenansaat ist neben Vorbereitung, Aussaattechnik und Pflege die Wahl einer qualitativ hochwertigen Rasen-Mischung, die dem gewünschten Gebrauch angepasst ist.
Literatur
FEUERSTEIN, U., 2018: Chancen und Grenzen der Saatgutbehandlung. Rasen-Turf-Gazon 49, Heft 3/18, S. 43-46. (in Druck).