RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: September 2009

Autor: © Dr. agr. Rainer Albracht und Dr. agr. Harald Nonn, Betzdorf

 

Aerifizieren – Luft für Boden und Pflanze*

* Kurzfassung des Beitrages aus der Zeitschrift „Greenkeepers Journal“ Nr. 3-2009

Einleitung

Der Begriff Aerifizieren beinhaltet sowohl das lateinische Wort aer = Luft als auch eine mögliche Abwandlung des Verbs facere = machen. Somit kann man Aerifizieren wörtlich mit „Luft machen“ oder „Luft verschaffen“ übersetzen. Nach Wikipedia (2009) versteht man unter Aerifizieren die Belüftung einer Rasenfläche. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass das erste professionelle Aerifiziergerät für Rasenflächen 1946 von Tom Mascaro in den USA entwickelt wurde (TURF-TEC, 2009). Seit dieser Zeit hat sich die grundsätzliche Technik des Aerifizierens nicht verändert. Aerifiziergeräte stechen Löcher in den Boden und sorgen hierdurch für einen Kontakt zwischen fester Bodensubstanz und Porenraum mit der Atmosphäre. Somit ist unter Aerifizieren eine Belüftung des Bodens zu verstehen.

 

Vor- und Nachteile der Bodenbearbeitung

Mit steigender Nutzung der Rasenflächen für Sport, Freizeit und Erholung hat sich Aerifizieren immer mehr in der Rasenpflege als eine wichtige und notwendige Maßnahme zum Erhalt einer Rasenfläche durchgesetzt. Im Beitrag werden die wesentlichen positiven Effekte des Aerifizierens auf Boden und Pflanze beschrieben. Leider wird in der Praxis die Bodenbelüftung aber auch vernachlässigt, da sie mit Nachteilen für die Nutzung des Rasens, insbesondere auf Golfgreens, verbunden sein kann (TURGEON, 1996), hier sind insbesondere zu nennen:

  • Unebenheiten auf der Rasenoberfläche (z.B. bei großen Aerifizierlöchern)
  • Stärkere Austrocknung von Boden und Gräsern (z.B. im Sommer)
  • Einwanderung von Fremdarten durch Keimstimulation (z.B. Poa annua)
  • Schäden durch die Aerifizierlöcher besiedelnde Insekten (z.B. Erdraupen, Tipula)

Zu diesen möglichen Nachteilen kommen auf jeden Fall noch der Arbeitsaufwand für das Aerifizieren selbst und eventuell auch Kosten für Material und Arbeit für das Verfüllen der Aerifizierlöcher mit geeigneten Materialien (Sand, Lava, Bodenhilfsstoffe etc.) hinzu.

 

Bodenverdichtungen

Ein verdichteter Boden besitzt einen höheren Eindringwiderstand als ein nicht verdichteter Boden. Den Eindringwiderstand kann man in der Praxis durch Bodensonden ertasten oder mit Penetrometern messen (Abbildung 1). Optisch bieten verdichtete Böden häufig folgendes Bild: Durch die wechselnden Bereiche von noch Sauerstoff führenden und bereits mit Sauerstoff unterversorgten Zonen kommt es zur sogenannten „Marmorierung“. In Anwesenheit von Sauerstoff ist der Boden aufgrund seines Eisengehaltes braun gefärbt, in den unterversorgten Bereichen nimmt das Eisen unter den dort herrschenden reduzierenden Verhältnissen eine graue Färbung an (Abbildung 2).

 

Messung des Eindringwiderstandes als Maß für die Bodenverdichtung mit einem Penetrometer
Abbildung 1: Messung des Eindringwiderstandes als Ma ß für die Bodenverdichtung mit einem Penetrometer

Verdichtete Rasentragschicht mit typischer Marmorierung
Abbildung 2: Verdichtete Rasentragschicht mit typischer Marmorierung

 

Auch die Wasser- und Nährstoffaufnahme durch die Wurzeln ist abhängig vom Sauerstoffgehalt im Boden. Für die vielfältigen Um- und Abbauprozesse im Nährstoffkreislauf benötigen fast alle nützlichen Bodenorganismen Sauerstoff, der ständig in ausreichender Menge zugeführt werden muss. Bei Sauerstoffmangel nehmen die Mikroorganismen, die nicht auf Sauerstoff angewiesen sind (Anaerobier), überhand und verursachen ungünstige Lebensbedingungen. Eine mögliche Folge von wiederholtem oder permanenten Sauerstoffmangel ist die häufig auf Golfgrüns anzutreffende Bildung von Black Layer. (Siehe hierzu Originaltext in Greenkeepers Journal Nr. 3-2009)

 

Gashaushalt im Boden

Zur Sicherstellung einer ausreichenden Sauerstoffversorgung des Bodens ist ein intensiver Austausch von Atmosphäre und Bodenkörper erforderlich. Tabelle 1 zeigt
die durchschnittliche Zusammensetzung der Atmosphäre sowie die Schwankungsbreiten der Bodenluft. Während der N2-Gehalt fast gleich ist, sinkt der Gehalt an O2 je nach Durchlüftungsgrad auf bis zu 10 Vol.-% ab, wobei gleichzeitig der Gehalt an CO2 auf bis zu 10 Vol.-% steigen kann. Böden mit hoher biologischer Aktivität zeigen in aller Regel höhere CO2-Gehalte als inaktive Böden. Im Sommer sind die Gehalte meist höher als in den kühleren Monaten. Die relative Luftfeuchtigkeit schwankt im Boden nur sehr gering und beträgt fast konstant 95%. Ab einem andauernden Gehalt an Kohlendioxid über 5 Vol.-% bzw. einem Sauerstoffgehalt unter 10 Vol.-% zeigen die meisten Kulturpflanzen und somit auch die Gräser eine sichtbare Verlangsamung des Wachstums. Kurzfristige Extremwerte bleiben meist ohne Folgeschäden. Dies gilt jedoch nicht für das Auftreten von Faulgasen wie Methan und Schwefelwasserstoff. Hier sind bereits 50 ppm Methan bzw. 100 ppm Schwefelwasserstoff als toxisch einzustufen.

Der Austausch zwischen Bodenluft und Atmosphäre erfolgt durch Diffusion. Durch die unterschiedlichen Partialdrücke entsteht dabei beim Sauerstoff ein Diffusionsstrom in Richtung Boden und beim Kohlendioxid ein Strom in Richtung Atmosphäre. Temperatur- und Luftdruckschwankungen sowie Luftbewegungen spielen nur eine untergeordnete Rolle beim Gasaustausch (SCHEFFER und SCHACHTSCHABEL, 1979).

 

  Atmosphäre Bodenluft  
Stickstoff (N2) 76-79 78-85 Vol.-%
Sauerstoff (O2) 21 12-20 Vol.-%
Kohlendioxid (CO2) 0,03 0,2-9 Vol.-%
Rel. Feuchtigkeit 10-100 >95 %

Tabelle 1: Zusammensetzung von Atmosphäre und Bodenluft (nach KAMP und BOS, 2006; SCHEFFER und SCHACHTSCHABEL, 1979)

 

Die Zusammensetzung der Bodenluft sowie das Vorhandensein von schädlichen Gasen kann mit Sonden gemessen werden. In der Praxis wird hierzu meist ein Gasanalysegerät verwendet, dass mit den Messsonden für Sauerstoff, Kohlendioxid, Methan und Schwefelwasserstoff ausgestattet ist.

 

Zusammensetzung der Bodenluft in normal gelagerter Rasentragschicht
Abbildung 3: Zusammensetzung der Bodenluft in normal gelagerter Rasentragschicht: Werte im Normalbereich, keine Anwesenheit von Methan (CH4) und Schwefelwasserstoff (H2S)

Zusammensetzung der Bodenluft in verdichteter Rasentragschicht
Abbildung 4: Zusammensetzung der Bodenluft in verdichteter Rasentragschicht: Geringer Gehalt an Sauerstoff, zu viel Kohlendioxid und Nachweis von Methan

 

Diese Sonden liefern den Pflegeverantwortlichen objektive Daten über den Gaszustand im Boden und geben frühzeitig Hinweise für eine mögliche Fehlentwicklung mit Folgeschäden (Abbildungen 3 und 4). Leider sind Gerät und Sonden teuer und daher wenig verbreitet.

 

Aerifizieren

Führt man sich die oben beschriebene Bedeutung des Sauerstoffs im Boden noch einmal vor Augen, dann zählt das Aerifizieren zu den wichtigsten Pflegearbeiten auf belasteten Rasenflächen. Nur durch regelmäßig wiederkehrendes Aerifizieren kann der Gasaustausch zwischen Boden und Atmosphäre erhalten oder verbessert werden.

In der Praxis werden verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Durchlüftung des Bodens angewandt. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Arbeitswerkzeuge, der Lüftungsintensität, der Arbeitstiefe und den Auswirkungen auf den Boden und seine Oberfläche teilweise recht stark. Die Auswahl des ein oder anderen Verfahrens hängt von der Problemstellung, der Bodenfeuchte, der Bodenart und der Nutzung der Rasenfläche ab. Im Wesentlichen unterscheidet man folgende Aerifiziermaßnahmen:

  • Belüften durch Lockern (Zinken, Meißel, Druckluft)
  • Belüften durch Schlitzen (Messer, Scheiben, Gabeln)
  • Belüften mit Vollzinken (Rundzinken oder Kreuzzinken)
  • Belüften mit Hohlzinken

Lockern mit Zinken, Meißeln oder Druckluft vergrößert das Porenvolumen im Boden. Der Erfolg hängt entscheidend vom Zeitpunkt der Bearbeitung und der Bodenfeuchte ab. Nach der Maßnahme braucht der Boden eine Ruhepause, damit die Wurzeln den neuen Porenraum erschließen können und eine Stabilisierung der Bodenstruktur stattfinden kann. Eine sofortige Nutzung der Fläche verdichtet den Boden wieder und macht den Effekt zunichte.

Durch Schlitzen mit Messern, Gabeln oder mit Vollzinken stechen die Arbeitswerkzeuge Hohlräume in den Boden. Hierbei wird kein Bodenmaterial entnommen sondern nach unten oder zur Seite geschoben. Bei diesem auf dem Verdrängungsprinzip beruhenden Belüften wird folglich ein Teil des Bodens verdichtet, um an anderer Stelle mehr Hohlraum zu schaffen. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass die seit einigen Jahren verfügbaren Kreuzzinken rechnerisch 30% mehr Kontaktfläche zwischen Bodenkörper und Atmosphäre schaffen als Rundzinken mit vergleichbarem Durchmesser (Abbildung 5).

 

Vergleich Vollzinken zu Kreuzzinken
Abbildung 5:
Vergleich Vollzinken zu Kreuzzinken. Kontaktfläche (m²) bei 10 cm Arbeitstiefe pro m² Rasenfläche

 

Das Belüften mit Hohlzinken kann als optimales Aerifizieren bezeichnet werden. Mit den Hohlzinken wird Bodenmaterial herausgestochen, ohne den umgebenden Boden zu verdichten. Der verbleibende Hohlraum dient als Röhre für den Gasaustausch. Diese Arbeitsweise ist auch ideal für einen Bodenaustausch geeignet. Verfüllt mit grobporenreichem Material (Sand, Rasentragschicht etc.), bilden sich dauerhafte Belüftungskanäle im Boden. Auf Golfgrüns lassen vibrierende Walzen den Sand schnell in die Löcher und die Rasennarbe einrieseln, so dass die Bespielbarkeit nur minimal beeinträchtigt ist.

 

Literatur:

SCHEFFER, F. und P. SCHACHTSCHABEL, 1979. Lehrbuch der Bodenkunde. 10. Aufl., Verlag Enke, Stuttgart, 394 S.
WIKIPEDIA, 2009: http://de.wikipedia.org/wiki/Aerifizieren.
TURF-TEC, 2009: http://www.turf-tech.com/History-4.html.
TURGEON, A.J., 1996: Turfgrass Management. 4th ed., Prentice-Hall, New Jersey, 406 S.
WINDOWS, R., 2005: The holy grail of greenkeeping – sustainable putting surface management. Turfgrass Bulletin 230, Oct. 2005, 14-16.

 

Anschrift der Verfasser:
Dr. Rainer Albracht und Dr. Harald Nonn
EUROGREEN Rasenforschung
Industriestr. 83-85
 57518 Betzdorf

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