Rasenthema: Oktober 2010
Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Vorsitzender Deutsche Rasengesellschaft e.V.
Rasen-Kunst statt Kunstrasen beim Rasen-Symposium
Pünktlich zum Herbst kam die Rasen-Kunst auch in die Schweiz. Anfang Oktober konnten sich Rasenfachleute aus der Schweiz anlässlich des 1. OH-Rasen-Symposiums nicht nur fachlich zum Thema Rasenforschung oder Biodiversität fortbilden - sie hatten auch die exklusive Chance, den Rasen als Kunstobjekt zu erleben und selbst beim Schnitzen eines Grashalms Hand anzulegen. Der Künstler des Grashalminstitutes, Thomas May, hatte zusammen mit jungen Künstlerkollegen ein neues „Rasen-Tonobjekt“ auf den Versuchsflächen installiert.
(Fotos: Klaus G. Müller-Beck)
Das Grashalm Institut untersucht und dokumentiert die unterschiedlichen Umgangs- und Gestaltungsformen von Grashalmen.
Als Kunstprojekt verbindet es den wissenschaftlichen und den kulturellen Umgang mit der Pflanze Gras. Gleichzeitig werden Feldversuche und Workshops initiiert und begleitet, die sich mit Phänomenen rund ums Gras befassen. Unter anderem betreute das Institut auch das Grashalmprojekt auf der Bundesgartenschau in Schwerin, welches weltweit und seit Jahren Menschen nach gleichen Materialvorgaben Grashalme schnitzen lässt, diese katalogisiert und in Installationen auf Rollrasen ausstellt.
www.lifepr.de/pressemeldungen/bundesgartenschau-schwerin-2009-gmbh/boxid/121416
Seit dem Jahre 2001 lässt Thomas May bei seinem Grashalmprojekt an verschiedenen Orten in der Welt interessierte Personen aus den verschiedensten sozialen Schichten Grashalme aus Balsaholz schnitzen.
Schnitztouren des Grashalmprojektes waren bis jetzt in Deutschland, Finnland, Schweden, Tschechien, Mazedonien, Italien, Polen, Süd China, Österreich, Ukraine, Japan und jetzt auch in der Schweiz. Nach dem Schnitzen erhält jeder Grashalm eine Nummer, der dann der Vorname, der erste Buchstabe des Nachnamens und die Berufsbezeichnung des Schnitzers zugeordnet und aufgelistet werden. Die geschnitzten Grashalme werden von May »maygrün« eingefärbt und in Rollrasen im Rasterabstand von 10 x 10 cm in chronologischer Reihenfolge angeordnet, so entwickelt sich eine offene Skulptur.
Gespannt lauschten die Teilnehmer des 1.OH-Rasensymposiums in Rafz den Ausführungen von Thomas May, dem Leiter des „Grashalminstitutes.
In einem Rasen-Modelaufbau waren Sensoren in unterschiedlicher Tiefe eingesetzt, sodass die Rasenberührungen verschiedenartige Töne hinterließen, die dann in einem computergesteuerten Mischpult von den Künstlern verarbeitet wurden
Während einige Symposiums-Besucher das Grashalmprojekt mit eigenen geschnitzten Kreationen ergänzten, lauschten andere den sphärischen Klängen der Rasen-Berührungen, wobei sie selbst mit der Hand über die Rasenspitzen strichen.
Der rotierende Tonteller mit dem gemähten Fertigrasen lieferte die Impulse für die „Ton-Künstler“.
Die Umsetzung der Klang-Kompositionen erfolgte unmittelbar auf der Rasenfläche. Jetzt lieferte der Rasen nicht nur Narbendichte, frischen Geruch und ästhetische Anmutung sondern auch eine spezielle „Klang-Farbe“
Alle Besucher der Veranstaltung waren sich einig, hier wurde eine neue Sichtweise auf die Kultur „Rasen“ vermittelt. Den Rasen mit den Füßen zu treten oder als Unterlage für die Liegewiese zu nutzen ist allen bekannt gewesen, aber durch die Berührung Töne und Klänge zu erzeugen war in diesem erstmaligen „Rasen-Tonobjekt“ eine neue und bereichernde Erfahrung.
Das Grashalminstitut sorgte somit für eine neue Dimension bei der Wahrnehmung des Rasens.
Die Besucher des 1.OH-Rasen-Symposiums konnten nicht nur das Gras wachsen hören; denn durch eine aufwendige Tonerfassung und Tonmischung entstanden sogar außergewöhnliche Rasen-Klang-Kompositionen, eine Premiere des Grashalminstituts.