RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: November 2010

Autor: © Dr. Fred Eickmeyer, AESKULAP GmbH eickmeyer@t-online.de
Bearbeitung: Dr. Klaus Müller-Beck, Vorsitzender Deutsche Rasengesellschaft e.V.

 

Klimaveränderungen erfordern neue Zuchtziele bei der Gräserzüchtung

Aufgabe des Pflanzenzüchters ist es, die Pflanzen an gegebene oder zukünftige Bedingungen anzupassen und robuste und anspruchslose Formen zu selektieren. Dieses geschieht in der Züchtung in drei Phasen:

  1. Zusammentragen bzw. Schaffung von Ausgangsvariabilität.
  2. Einengen der Variabilität durch Selektion.
  3. Prüfung und Homogenisierung des Zuchtmaterials

 

Gräser-Zuchtgarten im Sommer
Abb. 1: Gräser-Zuchtgarten im Sommer (Fotos F. Eickmeyer)

Test der Krankheitsresistenz bei Gräsern im Gewächshaus
Abb. 2: Test der Krankheitsresistenz bei Gräsern im Gewächshaus (Fotos F. Eickmeyer)

 

Für alle drei Phasen müssen dem Züchter die Zuchtziele vorweg bekannt sein, damit er weiß, worauf es in den einzelnen Phasen ankommt. Tabelle 1 sind die gängigen Zuchtziele in der Rasengräserzüchtung aufgelistet.

  • Narbendichte
  • Ausdauer
  • Belastbarkeit
  • Geringe Wuchshöhe
  • Geringer Schnittgutanfall
  • Krankheitsresistenz
  • Trockenheitstoleranz
  • Regenerationsvermögen
  • Winterhärte
  • Winterfarbe
  • Attraktives Grün
  • Schnittbild
  • Schnittverträglichkeit
  • Blattfeinheit
  • Keimfähigkeit
  • Schnelle Bestandsetablierung
  • Homogenität
  • Unterscheidbarkeit
  • Samenertrag

Tabelle 1: Bisherige Ausprägungsmerkmale und Zuchtziele in der Rasengräserzüchtung

 

Durch den Klimawandel werden die Rasengräser stärker gefordert im Hinblick auf neu auftretende Krankheiten sowie stärkere Epidemien bereits bekannten Krankheiten. Die Nutzung der Winterfeuchte wird für das Wachstum wichtiger werden, frühreifere Sorten könnten an Bedeutung gewinnen. Ausdauermerkmale werden stärker gefordert werden, sowohl hinsichtlich der Winter- als auch der Sommerpersistenz. Änderungen der äußeren Faktoren können zu Verschiebungen des Konkurrenzverhaltens der einzelnen Arten innerhalb einer Gräsermischung führen. Schließlich kann dies zu Änderungen im Schnittrhythmus und in der Schnittfrequenz führen.

  • Keimgeschwindigkeit
  • Triebkraft
  • Hitzetoleranz
  • Hohe Wassernutzungseffizienz
  • Ausgeprägtes Wurzelsystem
  • Dormanz
  • Reservestoffe
  • Wiederaustriebsvermögen
  • Hoher Gehalt an Osmotica
  • Fäuletoleranz
  • Morphologische Merkmale (Wurzel /Cuticula)
  • Wassersparende Blattmorphologie
  • Frühe Samenreife
  • Neue/Stärkere Resistenzen
  • Günstige Stoffwechseleigenschaften
  • Endophyten-Einsatz
  • Mykorrhizza-Einsatz

Tabelle 2: Zukünftige Zuchtziele als Antwort auf die Klimaveränderungen

Die in Tabelle 2 aufgeführten Zuchtziele sind nicht grundsätzlich neu. Vielmehr stellen sie eine Verschiebung der Schwerpunkte in der Rasengräserzüchtung unter veränderten Klimabedingungen dar.

 

Komplexes System

Welche Möglichkeiten hat nun die Gräserzüchtung, diese veränderten Schwerpunkte im Zuchtprozess zu berücksichtigen? Um diese Frage zu beantworten müssen die Besonderheiten der Gräserzüchtung bekannt sein. Entsprechende Informationen werden in dem Aufsatz: „Klimatische Herausforderungen: Ziele, Möglichkeiten und Grenzen der Gräserzüchtung“ in der Zeitschrift European Journal of Turfgrass Science, Ausgabe
4-2010, zusammengestellt.

An der Vielfalt der Besonderheiten der Rasengräserzüchtung lässt sich bereits erahnen, dass es mit einzelnen, punktuellen Maßnahmen in der Züchtung nicht getan ist, will man einer derartig komplexen Herausforderung, wie dem Klimawandel züchterisch begegnen. Vielmehr wird man mit einem Paket an Maßnahmen arbeiten müssen. Die Rasengräserarten haben da einiges zu bieten, was züchterisch genutzt werden kann.

 

Anzahl Jahre Zeitdauer Jahre Züchtungsaktivitäten
1 1 Ausgangsmaterial (Artenkreuzungen, Ökotypen, Sortenkreuzungen, Genbank) wird angezogen und infiziert; anschließend ausgepflanzt
2-3 2 Beobachtung und Selektion von Einzelpflanzen, Kreuzungspartnern, Familien; Kreuzungen
4-5 2 Zwischenvermehrung zur Erzeugung von Prüfsaatgut für Rasenprüfungen
6-8 3 Anlage und Beobachtung von mehrortigen Rasenprüfungsparzellen
9-10 2 Stammvermehrung zur Erzeugung von Saatgut für offizielle Prüfung
11-13 3 Offizielle Rasenprüfung beim Bundessortenamt
14   Beginn des Vermehrungsanbaus
16   Früheste Markteinführung der neuen Sorte

Tabelle. 3: Ablauf und Zeitdauer für die Züchtung einer neuen Rasengräser-Sorte

Die Übersicht macht deutlich, dass der züchterische Fortschritt in der Gräser-Entwicklung einen langen Weg mit entsprechendem finanziellem Einsatz erfordert.

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