Rasenthema: Juni 2006
Autor: © Dipl. Agr. Biologe Martin Bocksch, Eltville
Rasenschnittgut – „Fluch oder Segen“?
Gesundes Gräserwachstum auf unseren Rasenflächen erfreut uns; denn es ist die Voraussetzung dafür, dass wir die Flächen für Sport und Freizeitaktivitäten nutzen können. Erst das Wachstum ermöglicht die Regeneration der Pflanzen. Die Konsequenz daraus, das regelmäßige Mähen der Rasenflächen, wird jedoch zumeist als Belastung empfunden. Dazu kommen vielfach Probleme, das anfallende Schnittgut zu entsorgen. Doch in jüngster Zeit wird der Rasenschnitt immer häufiger als Nährstoff- und Energiequelle entdeckt.
Wachstum und Rasenqualität
In Mitteleuropa beginnt das oberirdische Wachstum unserer heimischen Gräser zumeist Ende Februar – Mitte März, wenn die Tagestemperaturen wieder bei rund 10° C liegen. Blattmasse und das Wachstum nehmen kontinuierlich zu. Im Juni erlangen die Pflanzen ihre physiologische Reife. Das Wachstum nimmt ab. Würden die Graspflanzen nicht als Rasen kurz gemäht, würden sie mit der Samentriebbildung beginnen.
Abbildung 1: Wachstumsintensitäten der Rasengräser unter mittleleuropäischen Bedingungen
Bei steigenden Sommertemperaturen und abnehmende Niederschlägen steht den Gräsern meist weniger Wasser zur Verfügung, auch das verringert die Wachstumsleistung. Dies wird besonders deutlich bei lang anhaltender Sommertrockenheit.
Mit häufigeren Niederschlägen und den abnehmenden Temperaturen im September nimmt das Wachstum noch einmal etwas zu, um ab Oktober bis zur Winterruhe kontinuierlich geringer zu werden.
Wachstumsfaktoren
Die Wachstumsintensität der Gräser hängt von einer ganzen Reihe von verschiedenen, sich gegenseitig beeinflussenden, Faktoren ab. Dazu zählen insbesondere die verschiedenen Grasarten, der Boden, natürlich die Nährstoffzufuhr und das Wasserangebot, aber auch, wie oben beschrieben, die Jahreszeit und die jeweilige Nutzung bzw. Belastung der Flächen und die Häufigkeit des Schnittes.
Für die wichtigsten heimischen Rasengräser ergibt sich folgende Abstufung in ihrer Wachstumsleistung:
- Ausdauerndes Weidelgras (Lolium perenne)
- Rotschwingel (Festuca rubra ssp.)
- Wiesenrispe (Poa pratensis)
- Straußgras (Agrostis ssp.).
Am stärksten wird das Wachstum von der Nährstoffzufuhr und einer ausreichenden Wasserversorgung beeinflusst. Dabei kommt dem Stickstoff (N) als Wachstumsmotor die wichtigste Rolle zu. Stickstoff fördert die Zellteilung und damit deren Neubildung in den Pflanzen. Eine Vielzahl von Untersuchungen hat diesen Effekt bestätigt. So auch ein Versuch an der GH Paderborn-Soest aus den Jahren 1996-98:
N – Menge |
Schnittgutmenge (Frischmasse) |
0 g N / m² | 903 g / m² |
10 g N / m² | 1.462 g / m² |
20 g N / m² | 2.168 g / m² |
40 g N / m² | 3.054 g / m² |
Tabelle 1: Mittlere Schnittgutmenge über alle Grasarten und –sorten in Abhängigkeit von der Stickstoffdüngung (Quelle:Gesamt Hochschule Paderborn-Soest, 1998)
Das Schnittgut selbst besteht zum überwiegenden Teil aus Wasser (ca. 85 %). Rund
15 % sind Trockensubstanz (TS). Mit 3 – 5 % Stickstoff (N), ~ 1 % Phosphat (P2O5)
und 2 – 4 % Kalium (K2O) enthält die TS nicht unwesentliche Nährstoffmengen. Diese Gehalte unterliegen ebenfalls jahreszeitlichen Schwankungen und werden durch das Pflegemanagement beeinflusst.
N – Mengein g / m2 / Jahr |
% N – Gehalt in der TS |
20 g N | 4,0 % |
40 g N | 4,5 % |
80 g N | 5,5 % |
Tabelle 2.: N-Gehalt im Schnittgut eines Golfgrüns, in Abhängigkeit von der N – Zufuhr (Quelle: Hardt, 1995)
Abb. 2: Regelmäßige Schnittgutaufnahme auf dem Golf-Green entspricht der Standardpflege
Schnittgut-Nutzung oder Entsorgung
Rasenschnittgut hat sich in den letzten Jahren zu einem Entsorgungsproblem entwickelt. In vielen Kommunen darf es nicht mehr mit dem Hausmüll entsorgt werden.
Eine Ursache dieser Entwicklung liegt in den geschilderten N-Gehalten des Schnittgutes. Das für die Umsetzung von organischer Substanz so wichtige Verhältnis von Kohlenstoff (C) zu Stickstoff (N) ist bei diesem Ausgangsmaterial ungünstig eng. Es liegt im Rasenschnittgut etwa bei 20:1 (C:N). In der Folge kommt es unter Luftabschluss zu Gärungsprozessen wobei sich „Sickersäfte“ bilden können, die hohe N-Gehalte aufweisen und zu einer möglichen Umweltbelastung führen können.
Für eine geregelte Kompostierung von Rasenschnittgut ist daher das Einmischen von weiterem C-haltigen Material wichtig, um auf das optimale Verhältnis von ca. 35:1 zu kommen. Das können z.B. Reisighäcksel oder Holzschredderabfälle sein. Auch sollte dieses zugeführte Material gröber sein, um eine bessere Durchlüftung des Kompostes zu bewirken. Für eine vollständige Rotte ist mehrmaliges Umsetzen und damit durchmischen und durchlüften des Kompostes notwendig.
Abb. 3: Sammlung von Rasenschnittgut für die geregelte Entsorgung oder Kompostierung
Schnittgut als Nährstoffquelle
Rasenschnittgut kann, sofern es nicht funktionell störend ist, auf der Fläche verbleiben. Wichtig ist es, dass die anfallende Menge nicht zu groß ist (Frühjahr) und fas Schnittgut gut zerkleinert und gleichmäßig verteilt wird. Die enthaltenen 3 – 5 % N werden rasch mineralisiert und damit wieder pflanzenverfügbar, mit einer nachhaltigenden Wirkung.
Bei überwiegender Rückführung des Schnittgutes von ausreichend mit N versorgten Rasenflächen, kann eine Düngewirkung von 5 – 10 g N / m2 und Jahr auf die jährliche Nährstoffmenge angerechnet werden.
Die Rasenmäherhersteller haben dieses Themas intensivst angenommen und bieten alle mittlerweile so genannte „Recycling-Mäher“ an. Aufgrund einer besonderen Luftströmung um das rotierende Messer, bleiben die Halme in der Luft und werden so mehrfach klein geschnitten. In der Rasennarbe können sie nun von den verschiedenen Organismen rasch abgebaut werden.
Nur Rotschwingel reiche Rasenbestände (Zierrasenflächen) können zu Problemen führen. Die derberen Blätter dieser Grasart werden von den zersetzenden Mikroorganismen langsamer abgebaut. Das gilt insbesondere bei anhaltender Trockenheit, wenn deren Aktivität zusätzlich reduziert wird. Es kann daher zu einer Anreicherung der organischen Substanz kommen, die mit der Bildung von Rasenfilzschichten verbunden ist. Von denen gehen eine ganze Reihe von Problemen für den Grasbestand und den Wasserhaushalt aus. Zudem halten sich Krankheitserreger in den Filzschichten.
Gute Dienste kann Rasenschnittgut als Mulchmaterial um Bäume und Sträucher leisten. Es darf nur nicht zu dick aufgebracht werden, da es sonst u.U. Mäusen einen idealen Unterschlupf bietet. Ganz dünn auf Neuansaaten ausgebracht, kann es helfen, durch die Beschattung die Verdunstung zu reduzieren. Dadurch werden die Keimlinge besser mit Wasser versorgt und der Keimungserfolg verbessert.
Schnittgut als Rohstoff zur Energiegewinnung
In letzter Zeit ist eine weitere interessante Verwertung von Rasenschnittgut hinzugekommen, nämlich der Einsatz als Rohstoff für Biogasanlagen. Wie sich herausgestellt hat, wird das relativ feine und wasserreiche Material von den biogasproduzierenden Bakterien aufgrund der hohen N-Gehalte leicht und schnell abgebaut. Die auf einem Sportplatz anfallenden Schnittgutmengen reichen allerdings nicht für einen kontinuierlichen Betrieb einer solchen Anlage.
Autor: Martin Bocksch, Eltville
Unabhängiger Rasenberater
rasenmartinbocksch@gmx.de
www.rasenzeit.de
Quellen:
Bocksch, M., 192: Rasenschnittgutanfall und dessen Wirkung auf Sportrasen in Abhängigkeit von der Stickstoffzufuhr; Diplomarbeit Universität Stuttgart – Hohenheim
Grigutsch, N., Lütke Entrup und Bocksch; 1992: Untersuchungen zur Bewertung von Rasengrasarten,-sorten und Mischungen über die Aufwuchsleistung; Rasen-Turf-Gazon Nr. 2 / 1999.
Anonym, 1993: Grundsätze zur funktions- und umweltgerechten Pflege von Rasensportflächen; Teil 1 – Nährstoffversorgung durch Düngung; Bundesinstitut für Sportplatzwissenschaften 1993, 1. Nachdruck 1997.
Hardt G. und H. Schulz; 1995: Einfluss von N-Düngerform und N-Aufwand auf den N-Umsatz in Pflanze und Boden sowie die Narbenqualität von Golfgrüns;
Rasen-Turf-Gazon Nr. 1-3 / 1995.