RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: Januar 2011

Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Vorsitzender Deutsche Rasengesellschaft e.V.

 

Stickstoff für die Rasendüngung

Generell wird dem Element Stickstoff die größte Bedeutung für eine gute Rasenentwicklung zugeordnet. Gleichwohl gilt es, die übrigen essentiellen Nährelemente in einem ausgewogenen Verhältnis zum Stickstoff bei der Düngung zu berücksichtigen (s. NPK-Volldünger).

 

Ungedüngte Rasenparzelle
Abb. 1: Ungedüngte Rasenparzelle, hell und lockere Narbe (Foto: K.G. Müller-Beck)

Düngergranulate
Abb. 2: Düngergranulate (Foto: COMPO)

 

Stickstoff-Komponenten und ihre Wirkung auf den Rasen

Eine positive Beeinflussung der Rasenfläche durch Düngung wird dann erreicht, wenn eine möglichst gleichmäßige Nährstoffzufuhr während der gesamten Vegetationsperiode gewährleistet ist. Ein Überangebot der beiden pflanzenverfügbaren Stickstoffformen Ammonium und Nitrat in der Bodenlösung sollte vermieden werden, damit keine Auswaschungsverluste eintreten und ein Stoßwachstum der Gräser unterbleibt. Unter Berücksichtigung der wirksamen Stickstoffkomponenten bietet der Düngemittelmarkt ein breites, unterschiedliches Produktspektrum an. Hierzu liefert das „Beschreibende Düngemittelverzeichnis“ der FLL eine gute Übersicht. Werden Produkte nur nach der Formel und dem Preis mit einander verglichen, so kommt es vielfach zu erheblichen Missverständnissen.
Zur Bewertung und Einschätzung der verschiedenen Inhaltsstoffe und Eigenschaften sollen nachfolgend die wichtigsten Kriterien der Düngerformen erläutert werden.

Stickstoff zählt zu den essentiellen, also unverzichtbaren Nährstoffen, die für den Aufbau von Pflanzenmaterial erforderlich sind. Die Gräser nehmen Stickstoff vornehmlich über die Wurzeln auf. Bei der Flüssigdüngung können auch kleinste Mengen über das Blatt resorbiert werden. Als pflanzenverfügbare Verbindungen kommen nur die mineralischen Formen Nitrat und Ammonium in Betracht. Die Pflanze betreibt bei der Stickstoffaufnahme Luxuskonsum. Deshalb ist zur Wachstumsregulierung eine dosierte, gleichmäßige Zufuhr anzustreben. Damit der Rasen möglichst über das gesamte Jahr grün erscheint, sind spezielle Rasen- Langzeitdünger mit bestimmten N-Formen besonders geeignet.
Eine Definition dieser Langzeitdünger für den Rasen enthält das „Beschreibende Düngemittelverzeichnis für den Landschafts- und Sportplatzbau“ der FLL (Ausgabe 2009).

„Langzeitdünger bestehen ganz oder überwiegend aus langsam wirkenden N-Formen, die zur Aufnahme durch die Pflanzen im Boden umgewandelt bzw. freigesetzt werden müssen.“
Die wichtigsten Formen der Langzeitkomponenten lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen, siehe Tabelle1.

 

Gruppierung von Rasen-Langzeitdüngern

Ausgangsmaterial / Beispiele

Natürlich-organischer Stickstoff Materialien/ Reste pflanzlicher oder tierischer Herkunft z. B. Traubentrester oder Hornmehl, Knochenmehl und andere.
Synthetisch-organischer Stickstoff Harnstoffkondensate mit definierter Molekülstruktur z. B. Crotodur, Isodur, Methylenurea und Ureaform.
Umhüllter Stickstoff bzw. NPK-Kern a) Polymerumhüllte Dünger (PCU) mit definierter Dauerwirkung, z. B. Blends aus Basacote, Manacote, Multicote, Osmocote, Plantacote u.a.
b) Schwefelumhüllter Harnstoff (SCU) mit variabler Dauerwirkung z. B. Poly S-Dünger

Tabelle 1: Einteilung von Rasen-Langzeitdüngern

 

In Abhängigkeit von den gewählten Ausgangsstoffen werden bei den handelsüblichen Rasendüngern Wirkungszeiten von 6-12 Wochen erzielt.
Bei der Zusammensetzung der Rasendünger handelt es sich in der Regel um eine Kombination aus rasch wirkenden Stickstoffformen (Ammonium, Nitrat oder Harnstoff) und einer oder mehrerer langsam wirkender N-Formen wie sie in der Übersichtstabelle 2 beschrieben sind.

Zur Einschätzung der nachhaltigen Wirkung eines Rasendüngers kommt es maßgeblich darauf an, die Inhaltstoffe des jeweiligen Produktes auf Basis des Deklarationsfeldes oder der technischen Produktbeschreibung zu ermitteln, damit bei einem Vergleich die Wirkungsmechanismen sachgerecht beurteilt werden können. Hier kommt es häufiger zu Fehleinschätzungen wie beispielsweise „Urea = Langzeitdünger“ oder „stabilisierter Ammoniumdünger = Langzeitdünger“. Aus diesem Grunde sind die gängigen Stickstoff-Komponenten der Rasendünger mit  einer Wirkungsbeurteilung in der Tabelle 2
zusammengestellt.

 

Ungedüngte Rasenparzelle
(Foto: COMPO)

 

N-Komponente

Wirkung auf Rasen

Nitrat-N Sofort aufnehmbar über die Wurzel, sehr beweglich in der Bodenlösung, keine Anlagerung an Tonkolloide: sehr rasche Wirkung.
Ammonium-N Sofort aufnehmbar über die Wurzel, aber wenig beweglich in der Bodenlösung, kann an Tonkolloide angelagert werden. Umwandlung zu Nitrat bei Bodentemperaturen ab 5-7°C innerhalb weniger Tage; rasche Wirkung.
Ammonium-N + Nitrifkationshemmstoff Verzögerung des Nitrifikationsvorganges von Ammonium zu Nitrat. Bei Rasen mit sehr intensivem Wurzelwachstum wird das Ammonium jedoch rasch und ungehindert aufgenommen; rasche Wirkung.
Harnstoff-N
(Urea-N)
(Carbamid-N)
Sehr gut kaltwasserlöslich, Umsetzung zu Ammoniak (flüchtiges Gas) und weiter zu Ammonium in Folge Ureaseaktivität in 1-3 Tagen. Danach gleiche Wirkungsgeschwindigkeit wie bei Ammonium; rasche Wirkung.
Methylenurea- N Kurzkettiges kaltwasserlösliches Stickstoffkondensat auf Ureaformbasis. Im Vergleich zu Harnstoff geringfügig verzögerte Wirkung.
Ureaform-N Harnstoffkondensat mit Molekülen in unterschiedlicher Kettenlänge, kaltwasserlösliche Fraktion, heißwasserlösliche Fraktion, heißwasserunlösliche Fraktion. Wirkung ist abhängig vom Anteil der einzelnen Fraktionen, verzögerte Wirkung bis unwirksam während einer Vegetationsperiode ("tote Reste"); produktspezifische Langzeitwirkung.
Isodur-N Kondensierter Langzeitstickstoff, der durch vollständige Mineralisierung infolge Hydrolyse und mikrobieller Vorgänge über einen Zeitraum von 2-4 Monaten pflanzenverfügbar wird. Dieser Umwandlungsprozess ist abhängig von Bodenreaktion, Temperatur und Feuchtigkeit; definierte Langzeitwirkung.
Organischer N Stickstoff liegt in unterschiedlicher Bindungsform in organischen Materialien tierischer und pflanzlicher Herkunft vor. Die Mineralisierung durch Mikroorganismen erfolgt in geringen jährlichen Abbauraten abhängig von der Ausgangssubstanz. Die Nährstoffanlieferung setzt langsam ein und erstreckt sich über einen unbestimmten Zeitraum; variable Langzeitwirkung.
Umhüllter N

Durch die Umhüllung von leicht löslichem Stickstoff wird auf physikalische Weise eine verzögerte Stickstoffanlieferung erreicht.

A.) Polymerumhüllter Harnstoff / NPK-Kern (PCU) setzt die Nährstoffe gleichmäßig durch eine halbdurchlässige Membran in Abhängigkeit von Temperatur und Feuchtigkeit (Wachstumsfaktoren) frei; definierte Langzeitwirkung.
B.) Schwefelumhüllter Harnstoff (SCU) setzt den Stickstoff durch Risse, Brüche und Abbau der Hülle frei; variable Langzeitwirkung.

Tabelle 2: Bewertung der Stickstoff-Komponenten in Rasendüngern

 

Schlussbemerkung

Eine ausgewogene, sachgerechte Rasendüngung sorgt für ein stetiges Regenerationswachstum der Rasengräser zur Etablierung einer dichten und strapazierfähigen Rasennarbe. Kräuter und Moose haben auf diese Weise kaum eine Chance sich auszubreiten. Die Gräser entwickeln bei guter Ernährung ein gesundes Grün und überstehen mit einem stimulierten, aktiven Wurzelwerk leichter Trockenperioden.
Rasengräser sind hungrig und durstig, sie benötigen Dünger und Wasser und liefern Sauerstoff durch Photosynthese bei Bildung einer dichten Vegetationsdecke.

 

Literatur:

ANONYMUS, 2009: Beschreibendes Düngemittelverzeichnis für den Landschafts- und Sportplatzbau – Düngemittelverzeichnis. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. FLL, 2. Auflage, Bonn, 495. S.

 

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