RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: Januar 2007

Autor: © Dr. agr. Harald Nonn, Rasenforschung WOLF-Garten/EUROGREEN, Betzdorf

 

Rasenkrankheiten im Wandel und neue Erreger

Auftreten und Erscheinungsbild der Krankheiten auf Rasenflächen haben sich in den letzten Jahren zunehmend verändert. Manche Rasenkrankheit, die früher noch eindeutig diagnostizierbar war, stellt heute nicht nur Platzwarte und Greenkeeper sondern auch Berater zunehmend vor ein Rätsel. Die typische Ausprägung eines Schadsymptoms ist häufig nicht gegeben, da aufgrund von Mischinfektionen die Schadbilder stark variieren und sich überlagern. Da wird die zweifelsfreie Diagnose schon mal schnell zur Lotterie. Einzig und allein eine Analyse im Labor, wie sie von einigen Mitgliedsfirmen der DRG angeboten wird, gibt zuverlässige Auskunft über den oder die Schaderreger. Dies erfordert aber mehr Zeitaufwand bei der Diagnose und ist selbstredend mit Kosten verbunden.

Häufig betroffen von diesem Wandel im Erscheinungsbild sind Pilzkrankheiten auf Golfgreens. Die durch den ständigen Tiefschnitt, teilweise unter der „Gürtellinie“, dauernd gestressten Gräser sind extrem anfällig für Krankheitserreger. Aber auch auf Fußballplätzen sind mittlerweile Krankheiten zu beobachten, die es vor einigen Jahren dort noch nicht oder nicht in dieser Intensität gab oder aber auch vielleicht nicht richtig diagnostiziert wurden.

Folgende Faktoren können als mögliche Ursachen für diese Entwicklung herangezogen werden:

Klimatische Veränderungen

Die Wetterdaten der letzten Jahre belegen eindeutig, dass unser Klima eine rasante Veränderung durchlebt. Die Witterung in unseren klassischen Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter verläuft extremer. Jeder hat diese Extreme noch vor Augen: der heiße Sommer 2004, der lange Winter 2006, der einmonatige Sommer 2006 und der verregnete August 2006, gefolgt von einem viel zu warmen Herbst und Winter. Für die Gräser bedeuten diese krassen Übergänge ohne Möglichkeit zur langsamen Adaption absoluten Stress. Stress wiederum macht die Gräser anfälliger für einen Krankheitsbefall. Die ausbleibende Vegetationsruhe führt außerdem zum Verbrauch der Reserven in der Pflanze. Die Gräser werden weiter geschwächt und sind bei einem plötzlichen Wintereinbruch ein „gefundenes Fressen“ für Krankheiten.

Höhere Temperaturen und mehr Niederschläge fördern zudem das Auftreten von Krankheiten, die bisher in unserem gemäßigten Klima eher eine weniger dramatische Rolle spielten. Das vermehrte Auftreten von Pythium, Rhizoctonia und Sclerotina (Dollar spot) in den letzten Jahren ist hierfür ein Beleg.

Anpassung der Pathogene

Auch die Krankheitserreger unterliegen einem ständigen Wandel und passen sich geänderten Situationen an. Es entstehen neue Erregerstämme, die z.B. neue Symptome im Krankheitsbild erzeugen können und toleranter gegenüber bisher wirksamen Fungiziden sind.

Import von Pathogenen

Mit den gestiegenen Anforderungen an Bau und Pflege von Rasenflächen, insbesondere im Golfsport, werden Baumaterialien, Saatgut und Pflegeprodukte länderübergreifend eingesetzt. Hierdurch können Pilzsporen oder lebensfähige Pathogene weltweit verbreitet werden. Dies gilt auch für Golfspieler, die von Reisen in andere Länder Pilzsporen an den Schlägern oder den Schuhen mitbringen und damit heimische Anlagen infizieren.

Reduzierter Pflanzenschutz

Die durch die Gesetzgebung eingeschränkte Möglichkeit zum Einsatz von Fungiziden sowie nur eingeschränkt wirkende Mittel zur Bekämpfung bestimmter Erreger tragen dazu bei, dass sich Krankheiten ungehindert ausbreiten und sich schneller Resistenzen ausbilden. Die neuen Generationen sehr spezifisch wirkender Pflanzenschutzmittel fördern ebenfalls bei einseitiger Anwendung die Bildung von Resistenzen.

Neue Krankheitserreger

Zusätzlich zu den beschriebenen Veränderungen bereits bekannter Pilzkrankheiten, sind in den letzten Jahren neue Krankheitsbilder und neue Erreger in Rasenflächen beobachtet bzw. entdeckt worden. Da sich die Erscheinungsbilder mancher Krankheiten sehr ähneln, ist die Diagnose vor Ort häufig sehr schwierig oder sogar unmöglich. Letztendlich Klarheit bringt dann nur eine Laboranalyse (s.o.). Auffallend ist, dass die im Folgenden beschrieben Erreger fast immer in Stresssituationen oder zusätzlich auch in Verbindung mit anderen Pilzerkrankungen auftreten.

 

Leptosphaerulina Leaf Blight

Erreger: Leptosphaerulina australis/trifolii

Symptome: Die Gräser vergilben von den Blattspitzen her. Die gesamte Blattspreite wird von einheitlich gelben bis braunen Läsionen befallen. Bei fortschreitender Infektion vergilbt die komplette Pflanze. Die ersten Befallssymptome können leicht mit Anthraknose, Pythium oder Dollar spot verwechselt werden. Auf älteren, befallenen Pflanzen sind häufig die Fruchtkörper des Pilzes (Perithecien) zu finden. Der Erreger befällt insbesondere geschwächte, gestresste Gräser und tritt auch als Sekundärparasit auf. Dabei kann er das primäre Krankheitsbild überdecken.

 

Leptosphaerulina Leaf Blight
Das Schadsymptom von Leptosphaerulina australis kann einer schweren Infektion von Dollar spot (Sclerotinia) ähneln.
(Foto: EUROGREEN)

 

Auftreten: Leptosphaerulina australis befällt vornehmlich Poa annua, Agrostis stolonifera, Lolium perenne, Festuca sp. und Poa pratensis. Leptosphaerulina trifolii kann bei Poa annua und Poa pratensis auftreten. Langanhaltende, feuchte Wärmeperioden fördern die Ausbreitung des Befalls. Gräser auf schlecht drainierten Böden sowie durch andere Pilzkrankheiten gestresste Gräser sind besonders anfällig.

Vorbeugung und Bekämpfung: Eine ausgewogene Düngung mit viel Kalium stärkt die Abwehrkraft der Gräser. Aerifizieren verbessert die Wasserdurchlässigkeit des Bodens. In einer amerikanischen Literaturquelle wird Iprodion als möglicher Fungizidwirkstoff genannt.

 

Myrothecium roridum

Erreger: Myrothecium roridum

Symptome: Beobachtet wurde auf Sportrasen ein weißes, watteartiges Myzel an der Bodenoberfläche, gefolgt von Chlorosen an den Blättern. Die Blätter verfärben sich weiß, die befallenen Stellen erinnern von der Größe oft an Dollar spot. Häufig sind die Gräser an der Halmbasis verfault. Bei fortschreitender Infektion bildet sich ein diffus verlaufendes, manchmal auch ringförmiges Symptom aus, das einem Hufeisen ähnlich sehen kann.

 

Myrothecium roridum
Blattchlorosen hervorgerufen durch Befall mit Myrothecium. (Foto: EUROGREEN)

 

Auftreten: Dieser Erreger wurde bisher auf jüngeren Rasenflächen bzw. relativ neu verlegten Fertigrasenflächen beobachtet. Das Auftreten scheint auch im Zusammenhang mit Stresssituationen zu stehen.

Vorbeugung und Bekämpfung: Optimale Pflege- und Standortbedingungen schaffen und Stresssituationen für die Gräser vermeiden. Eine Wirkung scheinen die Wirkstoffkombinationen Carbendazim/Flusilazol und Pyraclostrobin/Boscalid zu haben.

 

Gray leaf spot

Erreger: Pyricularia oryzea (grisea)

Symptome: Befällt vornehmlich Lolium-Arten. Die Blattflecken haben etwa 2 mm Durchmesser und sind dunkelgrün bis braun verfärbt. Mit zunehmender Infektionsdauer werden die Flecken grau mit einem braunem Rand. Die Blätter vergilben und sterben ab. Die Symptome ähneln dann denen von Trockenschäden oder einem Befall mit Pythium.

 

Gray leaf spot
Mit Gray Leaf Spot infiziertes Lolium-Blatt. (Foto: Vincelli)

 

Auftreten: Der Krankheitserreger überdauert überwiegend als Myzel im Rasenfilz oder an bereits befallenen Pflanzen sowie als Konidien. Zu einer stärkeren Infektion kommt es bei warmer Witterung mit langer Blattbefeuchtung bzw. hoher Luftfeuchtigkeit . Besonders befallen werden junge Lolium-Gräser (Neueinsaaten, Nachsaaten) sowie durch Bodenverdichtung und Trockenheit gestresste Gräser.

Vorbeugung und Bekämpfung: Hohe Stickstoffgaben während warmer und feuchter Witterung sind zu vermeiden. Verdichtete Böden lockern und Gräser optimal mit Wasser versorgen. Die Dauer der Blattbenässung ist zu verringern (Tau abwedeln, Beregnung erst in den Morgenstunden, nicht nachts). Eine chemische Kontrolle ist durch einen, eventuell wiederholten, Einsatz mit dem Wirkstoff Chlorothalonil möglich.

 

Weiterführende Literatur:

Abler, S.W., 2003: Ecology and Taxonomy of Leptosphaerulina ssp. Associated with Turfgrasses in the United States. Dissertation Virginia Polytechnic Institute and State University.
Couch, H.B.,1995: Diseases of turfgrasses. 3rd edition. Krieger Publishing Company, Malabar.
LfL, 2003: Jahresbericht 2003. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Institut für Pflanzenschutz (IPS).
Smiley, W.W. et al., 1992: Compendium of Turfgrass Diseases. 2nd edition. APS Press
www.usga.org
www.ohioline.osu.edu
www.ars.usda.gov

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