Rasenthema: Februar 2005
Autor: © Dipl. Agrararbiologe Wolfgang Prämaßing, DEULA Rheinland, Kempen
Dynamik des Pflegehorizontes auf sandigen Rasentragschichten am Beispiel von Golfgrüns
Beim Bau von sanddominanten Golfgrüns nach heutigen Regeln der Technik (FLL, USGA) wird viel Aufwand in die Zusammenstellung und Entwicklung eines geeigneten Rasentragschichtgemisches gesteckt. Bei sorgfältiger Vorgehensweise wird der Baugrund geprüft, um Aussagen über die Wasserdurchlässigkeit bzw. Wasserspeicherfähigkeit und die entsprechende Dimensionierung der Entwässerungseinrichtungen zu erhalten. Das einzusetzende Dränschichtmaterial wird einer Eignungs- und Kontrollprüfung unterzogen genauso wie die verschiedenen Gerüstbau- und Zuschlagstoffe für die Rezeptur der Rasentragschicht.
Für die optimale Grünsoberfläche stehen dann schliesslich eine Reihe hochgezüchteter Grasarten und Sorten zur Verfügung.
Ein großer Aufwand zur Herstellung optimaler Grünseigenschaften. Aber was passiert, sobald der Grasbestand geschlossen und etabliert ist?
Jetzt beginnt die Phase der Zunahme von organischer Substanz durch ober- und unterirdische Wuchsleistung der Gräser. Pflanzenteile sterben ab und es setzt ein Veränderungsprozess dieser Biomasse ein. Wir sprechen dann von der Dynamik der organischen Substanz in der RTS (HARTWIGER 2004). Die durch Qualitätsprüfungen hergestellte Funktion des Bodenaufbaus wird mit dieser Entwicklung nachhaltig verändert, besonders im oberen Bereich der Rasentragschicht! Für das Greenkeeping bedeutet dies, dass bereits ab dieser Phase Pflegemaßnahmen einzuplanen sind, um die ursprünglichen Vegetationsbedingungen bestmöglich zu erhalten.
Abbildung 1: Pflegehorizont in Greenstragschicht durch Zunahme von organischer Substanz und Topdressmaterial mit Wirkung auf Verdichtungsneigung und Bildung von Porenbruch.
(Foto Prämaßing)
Dynamik der organischen Substanz
Bei neu hergestellten Tragschichten, basierend auf Sand, wird meist durch den Zuschlagstoff Torf ein Anteil an organischer Substanz bis etwa 2 Gew. -% erreicht, mit dem Ziel, eine bessere Balance von Luft führenden und Wasser haltenden Poren in der Anfangsphase zu ermöglichen. In den ersten zwei bis drei Jahren nach der Etablierung eines Rasenbestandes kommt es nach CARROW (2004) zu starken Veränderungen im oberen Horizontbereich der Rasentragschicht bis etwa 3 bis 5 cm Tiefe:
- Entwicklung des Wurzelsystems zunächst durch die gesamte Tiefe der RTS
- Entstehung einer Schicht mit organischem Material auf dem bestehenden
Bodenprofil -> Rasenfilz / „thatch“ - Die Dicke dieser Schicht nimmt zu und wird mit Topdressing gemischt. Es entsteht der Pflegehorizont. Die Entwicklung dieser Anreicherung des organischen Materials hängt von vielen Faktoren ab (u.a. Temperatur, Nährstoffversorgung, pH-Wert, Feuchtigkeit, Wasserqualität)
- Wurzeltiefe geht mit weiterer Entwicklung wieder zurück
Damit steigt der Gehalt an organischer Substanz im oberen Rasentragschicht-Horizont schnell an und kann nach zwei bis drei Jahren gemäß den Angaben von CARROW (2004) über 7 Gew.-% erreichen.
Einflussfaktoren zur Anreicherung von organischer Masse in sandreichen Tragschichtgemischen nach Carrow, 2004
- längere Perioden mit kühlen Temperaturen;
- Verwendung von aggressiv Ausläufer treibenden Straussgrasarten;
- Geringe Luftbewegung bzw. Luftdurchlässigkeit in Grasnarbe und Wurzelbereich und dadurch länger anhaltende Feuchtigkeit im Rasenbestand und Übergangsbereich. Dies fördert seitlich, flache Wurzelausbildung und trägt zur weiteren Erhöhung der organischen Masse bei.
- Nicht angepasste Einarbeitung von Sand durch Topdressen und in Kombination mit Hohlspoon-Aerifizieren;
- Hinzufügen von organischem Material durch Rasensoden oder Ausbringen von Kompost oder anderen organischen Zusätzen auf die Rasenoberfläche;
- pH-Wert < 5,5 reduziert die Aktivität von Bakterien und Actinomyceten und verringert damit die Umsetzungsgeschwindigkeit;
- Förderung von Schubwachstum durch hohe N-Gaben und zu häufige Beregnung (hohe Massenproduktion);
- Geringe Regenwurmaktivität:
Auswirkung von organischer Substanzzunahme
Die Wasserdurchlässigkeit wird reduziert indem der organisch angereicherte oberflächennahe Horizont die Infiltration in die darunterliegende Rasentragschicht hemmt. Dadurch kann häufiger eine wassergesättigte Oberfläche entstehen. Nach MURPHY et al. (1993) und McCoy (1992) bedeutet eine Zunahme des organischen Anteils über 4 - 5 Gew. -% eine Reduzierung der Grobporen in diesem Bereich, verbunden mit einer stärkeren Verstopfung dieser Poren. Der Anteil der Wasser haltenden Poren steigt somit in entsprechendem Maße an. Der Sauerstoffgehalt wird in dieser Zone reduziert, die Diffusion bzw. der Gasaustausch durch diese Zone zwischen Boden und Atmosphäre wird erheblich beeinträchtigt.
Abbildung 2: Pflegehorizont in Greenstragschicht bei Veränderung der obersten Schicht durch Anreicherung von organischer Substanz mit negativer Wirkung auf Bodenluft und Bildung von Black Layer. (Foto: Prämaßing)
Was ursprünglich als Gerüststruktur einer RTS mit guter Wasser- und Luftführung aufgebaut wurde, kann sich in diesem Übergangshorizont zu einer schwammigen Schicht aus organischem Material mit eingelagerten Sandkörnern entwickeln. Diese Situation führt zu einem erhöhten Risiko von Sekundärproblemen wie:
- Kranheitsauftreten
- Back Layer
- Weiche Oberfläche
- Skalpierschnitt
- Weitere Verflachung der Durchwurzelung
- Zunahme von Hitzeschädigungen bei „Coolseason-Gräsern“
Management des Pflegehorizontes
Zur Festlegung der mechanischen Pflege und des Topdressings sollte der Anteil der organischen Substanz im Pflegehorizont je nach Entwicklung in den oberen 3 bis 5 cm z.B. mit Hilfe einer Laboranalyse bestimmt werden.
Nach O`BRIEN und HARTWIGER (2003) lässt sich folgende Klassifizierung vornehmen:
< 3 Gew.-% org. Substanz: | Die Entwicklung der organisch. Masse wurde regelmäßig durch die Pflege abgemagert und ist als gut zu bewerten |
3 – 5 Gew.-% org. Substanz: | Dies ist als Übergangsbereich zu bewerten, in dem Probleme durch Verstopfen der Grobporen und die damit verbundenen Nachteile häufiger vorkommen können. Die Entwicklung sollte besonders beobachtet werden und bei der Pflegeplanung besondere Berücksichtigung finden. |
> 5 Gew.-% org. Substanz: |
Die Wahrscheinlichkeit für große Probleme mit den beschriebenen Folgen/Schädigungen ist extrem hoch. Intensive mechanische Bearbeitung sollte eingeplant werden. |
Fazit
Die Feststellungen der genannten Autoren zeigen, dass ein gut ausgeklügeltes Pflegeprogramm mit regelmäßigen Topdress- und Besandungsmaßnahmen insbesondere in Kombination mit verschiedenen Aerifiziermaßnahmen eine Reduzierung des Anstiegs der organischen Substanz ermöglichen.
Abbildung 3: Greensoberfläche nach intensiver Bearbeitung durch Vertikutieren und Aerifizieren zur Reduzierung des Anteils an organischer Substanz.
(Foto: Prämaßing)
Dabei ist es wichtig, die Arbeiten fachgerecht im Verlauf der Vegetationsperiode einzuplanen. Damit der Anstieg der organischen Substanz und die damit verbundenen Nachteile im oberen Bereich der Rasentragschicht möglichst in Grenzen gehalten werden, schlägt CARROW (2004) vor, nach einer Hohlspoon-Aerifiziermaßnahme mit Bodenaustausch im Abstand von ca. fünf bis acht Wochen Folgemaßnahmen wie Hydroject-Verfahren oder Kreuzspoons (solid quad-tines) in ca. dreiwöchigen Abständen einzusetzen.
Gerade in den Sommermonaten sind laut HARTWIGER (2004) die Maßnahmen mit einer geringeren Beeinträchtigung der Puttoberfläche bevorzugt einzusetzen, damit der Gasaustausch gewährleistet ist und das Risiko des Wurzelsterbens verringert wird.
Literatur:
CARROW, R. N. 2004: Surface organic matter in bentgrass greens.
USGA Green Section Record 42 (1), 11-15.
HARTWIGER, C. 2004: The importance of organic matter dynamics.
USGA Green Section Record 42 (3), 9-11.
McCOY, E. L. 1992: Quantitative physical assessment of organic materials used in sports turf rootzone mixes.
Agronomy Journal 84, 375-381
MURPHY, J.W., T.R.O. FIELD und M.J. HICKEY 1993: Age development in sand-based turf.
Int. Turfgrass Soc. Research Journal 7, 464-468.
O`BRIEN, P. und C. HARTWIGER 2003: Aeration and topdressing for the 21st century
USGA Green Section Record 41 (2), 1-7.