Rasenthema: Dezember 2014
Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Vorsitzender Deutsche Rasengesellschaft e.V.
Grünsqualität ein Maßstab für die Golfplatzpflege
Das wichtigste Platzelement beim Golfspiel ist zweifellos das Golfgrün. Hier wird die
Distanz des Balles zum Golfloch im direkten Kontakt mit der Rasenoberfläche überwunden. Bestandszusammensetzung, Standorteinflüsse und Pflegemaßnahmen bestimmen maßgeblich die Eigenschaften der Rasennarbe und damit das Rollverhalten des Balles beim Putt.
Erwartungen der Golfer
Bereits im A-Kurs der Greenkeeper-Fortbildung wird die Frage nach der Definition der Grünsqualität gestellt. Da auf jeder Golfanlage die Voraussetzungen unterschiedlich sind, gibt es somit einen weiten Bereich für den Begriff „Qualität“. Für den Greenkeeper kommt es darauf an, möglichst einheitliche Grüns auf seiner Golfanlage anzubieten, die Vitalität und Regenerationskraft aufweisen. Sofern für die spieltechnischen Eigenschaften messbare Parameter ermittelt werden können, sollten diese mit den Club-Verantwortlichen abgestimmt und zu Beginn der Saison als Zielvorgabe für die Jahrespflege definiert werden.
Abb. 1: Ansicht eines schwach gedüngten Festuca dominanten Grüns.
Abb. 2: Ansicht eines normal gedüngten Agrostis dominanten Grüns.
(Fotos: K. Müller-Beck)
Für ein faires Spiel erwartet der Golfspieler bestimmte Eigenschaften der Puttoberfläche. Dabei werden folgende Kriterien für eine gute Grünsqualität herangezogen:
- Puttoberfläche muss glatt sein,
- Puttoberfläche muss treu sein,
- Puttoberfläche muss berechenbar sein,
- Puttoberfläche muss schnell sein,
- Puttoberfläche muss halten,
- Puttoberfläche sollte grün sein,
- Puttoberfläche kann braun sein.
Bereits bei der Frage nach dem Grünton gibt es recht unterschiedliche Ansichten bei den Golfern, aber auch bei den Greenkeepern. Ein hoher Chlorophyllgehalt, der für die Photosynthese erforderlich ist, zeigt eine intensive Grünfärbung, verbunden mit einem angemessenen Wachstum. Reduzierung der Grünintensität bedeutet demnach auch eine Einschränkung der Wachstumsintensität. Im Extremfall, bei überwiegender Braunfärbung der Gräser, wird der Stoffwechsel der Gräser stark eingeschränkt. Die Belastungsintensität nimmt ab. Je nach Gräserbestand sollte für die Golfanlage das geeignete Maß festgelegt werden.
Maßnahmen des Greenkeepings
Zur Erreichung der oben genannten Zielvorstellungen stehen dem Greenkeeper diverse Pflegemaßnahmen zur Verfügung. Die Auswahl der am besten geeigneten Geräte und die Wirkung des Einsatzes auf die Gräserentwicklung sind Bestandteil der Greenkeeper-Ausbildung. Bei der Pflege der Grüns und der Optimierung der Putteigenschaften kommen eine Reihe mechanischer Bearbeitungen der Grasnarbe in Betracht:
- Tiefschnitt bis auf 3 mm,
- Groomereinsatz zur Ausdünnung des Bestandes und Reduzierung der Poa annua-Blüte,
- Vertikutieren zur Verringerung von Rasenfilz,
- Topdressing und Bürsten zur Verbesserung der Oberflächenstruktur,
- Aerifizieren und Schlitzen zur Erhöhung des Bodenluftgehaltes,
- Walzen (Smooth Rolling) zur Verbesserung Oberflächenglätte und damit zur Optimierung der Balltreue und Erhöhung der Ballrollstrecke (Greenspeed).
Neben dem Spielbetrieb kann unter manchen Bedingungen auch der Einsatz der Pflegegeräte zum Stress für den Rasen werden. Hier ist es besonders wichtig, dass der ausgebildete Greenkeeper ein angemessenes Timing für die Durchführung und die Intensität der Bearbeitung berücksichtigt. Geschwächte Gräser wären besonders anfällig für Rasenkrankheiten und das Krisenmanagement nimmt seinen Lauf.
Messwerte können kritisch sein
Erst Mitte der 70er Jahre führte die USGA die Stimpmetermethode zur Bestimmung der Ballrollstrecke (Speed) ein. Diese Maßzahl wurde weltweit zum dominierenden Standard bei der Bestimmung der Grünsqualität. Genau hier beginnt die Problematik, denn allzu rasch wird Greenspeed zum Synonym für Greensqualität.
Abb. 3: Stimpmeter-Werkzeug zur Ermittlung der Ballrollstrecke (GreenSpeed) auf dem Golfgrün. Entwicklung vom hölzernen Original zum aktuellen USGA-Werkzeug (blau), mit der Möglichkeit zur Nutzung einer verkürzten Messtrecke.
Sind schnelle Grüns wirklich bessere Grüns? Selbst Profi-Spieler halten die Stimpmetermessungen manchmal für eine überzogene Zielgröße im Golfbereich.
Die mittlerweile erreichten Werte für die Grüns in Augusta/USA (12 -13 feet) führen dazu, dass diese Grüns kaum noch reell zu spielen sind. Die Festlegung und Erreichung eines bestimmten Greenspeeds muss immer mit dem Design der Anlage in Einklang stehen. So kann durch modellierte Grüns leicht der Effekt einer erhöhten Ballrollgeschwindigkeit erzielt werden. Aber auch hier erfordert das vom Greenkeeper erhöhte Aufmerksamkeit; denn sogenannte Stufengrüns neigen stark zur Austrocknung und verursachen so die Symptome des "Dry Patch".
Der zunehmende Wettbewerb zwischen den Clubs und die überzogenen Erwartungshaltungen der Golfer (Erfahrungen von Resort-Plätzen aus aller Welt werden auf die eigenen Anlagen übertragen) führen in zahlreichen Fällen zu fragwürdigen Pflegemaßnahmen. Die richtige Auswahl der zur Verfügung stehenden Geräte, in Kombination mit den standörtlichen Bedingungen, ist oftmals der Schlüssel zum Erfolg im Greenkeeping, wobei die Leistungsfähigkeit der Gräser unter den gegebenen Standortbedingungen nicht überschätzt werden darf. Auf zahlreichen deutschen Golfplätzen wurden in den letzten Jahren für den normalen Spielbetrieb Werte von 240 bis 280 cm als Ballrollstrecke gemessen.
Abb. 4: Messung der Ballrollstrecke (Greenspeed) mit dem Stimpmeter während der Greenkeeper-Fortbildung.
(Foto: K. Müller-Beck)
Bemerkenswert sind Untersuchungsergebnisse von RIEKE et al. 1995, wonach bei subjektiver Einschätzung durch die Golfer ein Unterschied beim Greenspeed erst bei über 15 cm zusätzlicher Ballrollstrecke empfunden wird.