Rasenthema: August 2011
Autor: © Dr. Klaus G. Müller-Beck, Vorsitzender Deutsche Rasengesellschaft e.V.
Rasenqualität, ein wichtiges Thema beim Stadionrasen
Mit Beginn der neuen Bundesliga-Saison stehen auch wieder die Rasenflächen der Stadien im Blickpunkt des Interesses. Bereits zur Fußball-WM der Frauen hatten die betroffenen Stadien die Rasenflächen überwiegend erneuert bzw. so vorbereitet, dass ein Top-Qualitätsniveau gewährleistet war.
Zur Einschätzung der Entwicklungen im Rasenbereich und zur Erarbeitung allgemein anerkannter Qualitätskriterien hat die DFL ein Experten-Team gebildet, in dem auch Fachleute der Deutschen Rasengesellschaft engagiert sind. Hier sollen insbesondere Parameter entwickelt werden, die für eine nachhaltige Qualitätssicherung des Stadionrasens herangezogen werden können. Ein wichtiges Kriterium für den Strapazierrasen wird durch die Scherfestigkeit der Rasennarbe definiert.
Abb. 1: Fußball-Training beim VfL Wolfsburg auf den ausgezeichnet
gepflegten Plätzen an der Volkswagen-Arena (Foto: K.G. Müller-Beck)
Messung der Scherfestigkeit
Abgeleitet aus der Artenzusammensetzung eines Rasens sowie aus der Bodenbeschaffenheit ergeben sich deutliche Unterschiede für die Scherfestigkeit. Die Ergebnisse aus den Untersuchungen verschiedener Rasenflächen wurden bereits in der Zeitschrift „European Journal of Turfgrass Science“ (Ausgabe 1-2011) von B. Holzinger et al. veröffentlicht.
Neuere Untersuchungen zur Scherfestigkeit werden derzeit an der Fachhochschule Erfurt von S. Bublitz durchgeführt. Die verschiedenen Verfahren konnten bereits anlässlich der Sonderschau Rasen bei der „demopark 2011“ in Eisenach einem interessierten Publikum vorgestellt werden. Dabei wird die oberflächennahe Scherfestigkeit bzw. die Scherfestigkeit der Rasennarbe mittels alternativer Messverfahren verglichen.
Mit dem Scherkranz, in Anlehnung an den Laborversuch nach DIN 18035-5, kann die Drehbewegung eines Fußballschuhes simuliert und erfasst werden.
Ein mit Fußballstollen ausgestatteter Scherschlitten simuliert das Gleiten und Rutschen, sodass der Widerstand der Grasnarbe und der obersten Bodenzone messtechnisch erfasst werden kann (s. Abb.2).
Abb. 2: Scherkranz (vorne re.) zur Messung der Scherkräfte einer Rasennarbe.
Oben li. ein Scherschlitten zur Ermittlung der Scherfestigkeit einer Rasenarbe.
Entwicklung an der FH Erfurt. (Foto: Deutsche Rasengesellschaft)
Stadion-Greenkeeper diskutieren Rasenqualität
Auf Einladung der DFL trafen sich am 11. August die Stadion-Greenkeeper der Bundesliga und 2. Liga zu einem Informationsaustausch mit Kollegen aus Großbritannien, Spanien und Belgien. In verschiedenen Vorträgen der britischen Groundmen wurde über die Verbesserung der Narbenqualität durch den Einsatz des „GrassMaster-Systems“ berichtet. Dabei werden in engen Abständen Kunstfasern in den bestehenden Naturrasen implantiert, sodass man hier von einem Hybrid-Rasen sprechen kann.
Abb. 3: Treffen der Stadion-Greenkeeper Bundesliga mit internationalen
Gästen der UEFA, der spanischen und britischen Fußball-Liga in der
Volkswagen-Arena in Wolfsburg (Foto: K.G. Müller-Beck)
Das Desso GrassMaster-System gilt als Naturrasen, bei dem zur Armierung der Rasentragschicht bis zu 20 Millionen künstliche Fasern, bis in eine Tiefe von 20 cm implantiert werden. Die Wurzeln des Naturrasens verwachsen mit den Kunstrasenfasern und verankern die Rasensoden zu einer stabilen und ebenen Spieloberfläche.
Thomas Franke, Leiter Organisation und Stadionbetrieb beim VfL Wolfsburg, erläuterte den Teilnehmern des Treffens: „Wir haben uns für den Einbau des „GrassMaster-Systems“ entschieden und erreichen dadurch generell eine bessere Stabilität des Platzes, eine erhöhte Scherfestigkeit und eine Verbesserung der Wasserdurchlässigkeit.“
Abb. 4: Präsentation der Implantier-Arbeiten zur Armierung der Rasentragschicht
in der Volkswagen-Arena in Wolfsburg beim Treffen der Stadion-Greenkeeper
Bundesliga. (Foto: K.G. Müller-Beck)
Abb. 5: Naturrasen mit einem Anteil an Kunstfasern in der Rasennarbe.
(Foto: K.G. Müller-Beck)
Bei der Entwicklung von geeigneten Verfahren zur Beschreibung und Bewertung von Qualitätsstandards wird sich die Deutsche Rasengesellschaft mit den beteiligten Kollegen austauschen, wobei auch die Erfahrungen der internationalen Greenkeeper berücksichtigt werden sollen.
Ein bemerkenswertes System zur Anerkennung der Platzpflegearbeiten praktizieren die britischen Kollegen mit dem jährlich ausgelobten Titel: „Groundsman of the Year“!