RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: Oktober 2023

Autor: Dr. Klaus G. Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Bodengesundheit im Fokus einer EU-Richtline

 

Einleitung

Böden haben eine immense Bedeutung für die Ernährungssicherheit der Menschen. Darüber hinaus sind sie die Grundlage für jegliche Bautätigkeit. Böden wirken auch als dynamische Filter für menschliche, industrielle und tierische Abfälle. Vor diesem Hintergrund ist die Bewahrung und Wiederherstellung eines gesunden Bodens eine wichtige Herausforderung, die als SDG 15 bei den UN-Nachhaltigkeitszielen definiert wird.
Die UNCCD ist die globale Stimme für den Boden. Sie fördert Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und Umkehrung der Bodendegradation. UNCCD ist die treibende Kraft hinter dem Nachhaltigkeits-Ziel Nr. 15 „Neutralität der Bodendegradation“ (UNCCD, 2023).

Die Deutsche Rasengesellschaft e.V. sieht bei der Verwendung von Rasengräsern in Form einer Dauerkultur, eine wichtige Funktion zum Schutz des Bodens. Rasengräser bilden durch die Wurzeln, in Verbindung mit Boden und Mikroorganismen, eine dynamische Vegetationsdecke zur Förderung der Bodengesundheit.

 

Gräserwurzeln in einem gesunden Boden-Ökosystem.
Abb. 1: Gräserwurzeln in einem gesunden Boden-Ökosystem. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Was ist gesunder Boden?

Der Boden ist kein inertes Kultursubstrat - er ist eine lebendige und lebensspendende natürliche Ressource. In ihm befinden sich Milliarden von Bakterien, Pilzen und anderen Mikroben, die die Grundlage für ein komplexes, symbiotisches Ökosystem bilden (USDA, 2023).
Bodengesundheit ist definiert als die anhaltende Fähigkeit des Bodens, ein vitales, lebendes Ökosystem zu etablieren, das Pflanzen, Tiere und Menschen versorgt. Ein gesunder Boden
bietet uns saubere Luft und sauberes Wasser, ertragreiche Ernten und Wälder, produktives Weideland, eine vielfältige Tierwelt und schöne Landschaften (USDA, 2023).

 

Für die Verbesserung der Bodenfunktion bestätigt die Forschung zur Bodengesundheit folgende Gesichtspunkte bei der Bewirtschaftung.

 

Für die Verbesserung der Bodenfunktion bestätigt die Forschung zur Bodengesundheit folgende Gesichtspunkte bei der Bewirtschaftung:

  • Maximierung des Anteils lebender Wurzeln
  • Minimierung der Bodenstörung
  • Maximierung der Bodenbedeckung
  • Maximierung der Artenvielfalt (Biodiversität)

Quelle: USDA (2023)

 

Fähigkeiten des Bodens

In Abhängigkeit von den unterschiedlichen Bodenarten und Bodentypen unterscheiden sich die Böden beim Potenzial der jeweiligen Eigenschaften.
Die Leistungen des Bodens werden durch fünf wesentliche Funktionen geprägt (USDA, 2023):

  • Wasser-Regulierung
    Der Boden trägt dazu bei, den Weg von Niederschlägen, Schmelzwasser und Beregnungswasser zu kontrollieren. Das Wasser fließt entweder über das Land oder es sickert in den Boden ein und erreicht das Grundwasser.
  • Erhaltung des pflanzlichen und tierischen Lebens
    Die Vielfalt und Leistungsfähigkeit der Lebewesen hängen vom Boden ab.
  • Filterung und Pufferung potenzieller Umweltschadstoffe
    Die Mineralien und Mikroben im Boden haben die Aufgabe, organische und anorganische Stoffe zu filtern, zu puffern, abzubauen, zu immobilisieren und zu entgiften, einschließlich industrieller und kommunaler Abfallstoffe und Luftschadstoffe.
  • Nährstoffkreislauf
    Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor und viele andere Nährstoffe werden im Boden gespeichert, umgewandelt und im Kreislauf gehalten.
  • Physikalische Stabilität und Tragfähigkeit
    Die Bodenstruktur bietet einen Lebensraum für Pflanzenwurzeln. Die Böden liefern auch die Grundlage für menschliche Konstruktionen und den Schutz für archäologische Objekte.

 

Regulierung und Überwachung

Am 5. Juli 2023 hat die EU-Kommission eine lang erwartete Richtlinie über Böden vorgelegt (DNR, 2023).

 

European Commission

DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on Soil Monitoring and Resilience Soil Monitoring Law
2023/0232 (COD)
(Quelle: EU, 2023a)

 

Die Auswirkungen von Erosion sowie Altlasten, und einem Anteil von über 60 Prozent ungesunder Böden kostet die EU jährlich schätzungsweise über 50 Milliarden Euro. Deshalb hat die EU-Kommission neue EU-Vorschriften zur Aufwertung des Bodens und seiner Ressourcen vorgelegt. Der Vorschlag ist Teil eines Pakets von mehreren Gesetzesinitiativen unter dem Titel „Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen“.

Das Paket umfasst eine Richtlinie (EU, 2023a), einen siebenteiligen Anhang (EU, 2023b), ein Arbeitsdokument zum Subsidiaritätsprinzip und fünf Folgenabschätzung sowie eine Zusammenfassung der Folgenabschätzungen. Außerdem gibt es ein Dokument über Bodenschutzfördermittel (DNR, 2023).
Um bis 2050 die Böden in der EU in einen guten Zustand im Einklang mit dem Null-Schadstoff-Ziel zu versetzen, schlägt die EU-Kommission eine harmonisierte Definition des Begriffs der Bodengesundheit vor. Außerdem möchte sie einen „umfassenden und kohärenten Überwachungsrahmen“ einführen und die nachhaltige Bodenbewirtschaftung sowie die Sanierung kontaminierter Standorte fördern.
Nach DNR (2023) sollen dazu mehrere Quellen von Bodendaten zusammengeführt werden:

  • Kombinierte Daten der Flächenstichprobenerhebung über die Bodennutzung/-bedeckung (LUCAS) mit Copernicus-Satellitendaten sowie
  • Daten aus öffentlichen und privaten Quellen.
  • Außerdem sollen die Bodendaten das Verständnis von Trends wie Dürren, Wasserretention und Erosion verbessern.

Aus Sicht der Brüsseler Behörde soll das Soil Monitoring Law dabei helfen, Innovation sowie technologische und organisatorische Lösungen vor allem in Bezug auf landwirtschaftliche Verfahren zu unterstützen, damit die Landwirtschaftsbetriebe „die am besten geeigneten Behandlungsmethoden“ umsetzen, um die Bodenfruchtbarkeit und die Erträge zu verbessern und zugleich den Wasser- und Nährstoffverbrauch zu senken.

Die EU-Bodenstrategie für 2030 bietet somit den Rahmen und die konkreten Schritte für den Schutz und die Wiederherstellung der Böden und die Gewährleistung ihrer nachhaltigen Nutzung. Das Monitoring-Gesetz wurde vorgeschlagen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen und ein hohes Maß an Umwelt- und Klimaschutz zu gewährleisten.
Es ist eine der wichtigsten Vorgaben der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 und wird zu den Zielen des Europäischen Green Deal beitragen.

 

Was machen Mikroorganismen im Boden?

Die Bodenmikroben spielen eine herausragende Rolle bei der Bewahrung der Bodengesundheit und der Leistungsfähigkeit der Pflanzen. Darüber hinaus sind die Mikroben einer der wichtigsten Faktoren für die Kohlenstoffspeicherung im Boden. Bodenmikroorganismen tragen zur Zersetzung, zum Nährstoffkreislauf, zur Bodenstruktur und -aggregation, zur Bekämpfung von Krankheiten, zur Produktion von Phytohormonen, zu symbiotischen Beziehungen und zur Regulierung des Salzgehalts bei (PLAMANN, 2023).

 

Schematische Übersicht zur Aktivität der Mikroorganismen im Boden.
Abb. 2: Schematische Übersicht zur Aktivität der Mikroorganismen im Boden.
(Quelle: PLAMANN, 2023: Bearbeitung K. MÜLLER-BECK)

 

Beispiele für Indikatoren/Beziehungen zur Bodengesundheit (USDA, 2023)

  • Organische Substanz im Boden
    Nährstoffbindung; Bodenfruchtbarkeit; Bodenstruktur; Bodenbeschaffenheit.
    ⇒ Bodenstabilität und Bodenerosion.
  • Physikalische Kriterien
    Lagerungsdichte, Infiltration von Wasser mit Rückhaltung und Transport von Nährstoffen.
    ⇒ Makroporen für Porosität und Bodentiefe für Wasserhaltevermögen.
  • Chemische Kriterien
    elektrische Leitfähigkeit, reaktiver Kohlenstoff, Bodennitrat, pH-Wert des Bodens und extrahierbarer Phosphor und Kalium.
    ⇒ biologische und chemische Aktivität mit Werten für pflanzliche und mikrobielle Aktivitätsschwellen; pflanzenverfügbare Nährstoffe und Potenzial für N- und P-Verluste.
  • Biologische Kriterien
    Regenwürmer, mikrobielle Biomasse C und N, partikuläre organische Substanz, potenziell mineralisierbarer N, Bodenenzyme, Bodenatmung und gesamter organischer Kohlenstoff.
    ⇒ mikrobielles katalytisches Potenzial und Speicher für C und N; Boden Produktivität und N-Lieferpotenzial.

 

Messungen/Schätzungen der mikrobiellen Aktivität

Für die Bewertung der „Bodengesundheit“ herrschen derzeit noch sehr unterschiedliche Maßstäbe bei der Auswahl der jeweiligen Merkmale für eine analytische Untersuchung. Ein standardisiertes Messverfahren wird zum jetzigen Zeitpunkt von den LUFAs nicht angeboten.
Eine grundsätzliche Einschätzung der biologischen Bodenaktivität lässt sich durch die Ermittlung der Bodengrundatmung (mm3 O2 g-1 hr-1) in einer Probe vornehmen.

Nach EU (2023b) können die Mitgliedstaaten weitere optionale Boden-Beschreibungsmerkmale für die biologische Vielfalt auswählen, wie zum Beispiel:

  • Metacodierung von Bakterien, Pilzen, Protozoen und Tieren;
  • Abundanz und Vielfalt von Nematoden;
  • mikrobielle Biomasse;
  • Abundanz und Vielfalt von Regenwürmern (im Ackerland);
  • invasive gebietsfremde Arten und Pflanzenschädlinge.

Im aktuellen Arbeitspaket „Mikrobiom des Bodens" bei AGROSCOPE (2018) wird die Erforschung der mikrobiellen Biodiversität in verschiedenen für die Schweiz und die Landwirtschaft repräsentativen Böden und Systemen erfolgen, um das Zusammenspiel von Bodentyp, Bodennutzung und den im Boden lebenden Mikroorganismen besser zu verstehen. Das Ziel ist es, diese Information für eine umfassendere Beurteilung und Verbesserung der Bodenqualität nutzen zu können.

Beim Thünen-Institut (THÜNEN, 2023) wird über die Ergebnisse einer neuen Forschungsarbeit zur Auswirkung der N-Düngung auf die Diversifizierung des Boden-Mikrobioms berichtet. Die Diversifizierung der Fruchtfolge kann bei moderater Düngung die mikrobielle Diversität in Ackerböden fördern.


Quellenangaben

 

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