Rasenthema: November 2023
Autor: Dr. Klaus G. Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.
Rasengräser erfüllen auch im Boden wichtige Umweltleistungen
Einleitung
Die Nutzung von Rasengräsern ist nicht nur international sehr vielfältig ausgeprägt, sondern auch in unseren Breitengraden weit gefächert. So finden wir in Deutschland in den privaten Hausgärten einen nicht unerheblichen Anteil an Rasenflächen, der mehr oder weniger gepflegt wird und seine Leistung durch den ästhetischen Aspekt sowie durch eine Spielfunktion erfüllt. Bei Sport- und Golfplätzen steht die direkte Nutzung des Rasens durch den aktiven Sportler im Fokus, sodass hier eine angemessene Pflege für die Erhaltung des „Rasenbelages“ erforderlich ist. Die größeren Rasenflächen in Parks und Liegewiesen werden von der Bevölkerung oft als natürliche Freiflächen wahrgenommen, die bei Bedarf genutzt werden. Eine Mindestpflege obliegt somit den kommunalen Einrichtungen für das öffentliche Grün. Erhebliche Areale werden als Straßenbegleitgrün oder Straßenböschungen mit Gräser-Mischungen angesät, die abgesehen von einem Säuberungsschnitt, kaum gepflegt werden.
Abb. 1: Wesentliche Leistungseigenschaften der Rasengräser in unterschiedlichen Rasentypen.
(K.G. Müller-Beck, 2023)
Bei der Beurteilung der Kultur Rasen beschränkt sich die Wahrnehmung der Gräserleistung oft auf die Entwicklung und Präsentation des oberirdischen Aufwuchses in Form einer dichten, grünen Rasennarbe! Die aktuelle Rasenforschung befasst sich jedoch seit jüngerer Zeit verstärkt mit bisher unbekannten Leistungseigenschaften der Gräser, wie ökologische, wirtschaftliche, gesundheitliche und sicherheitsrelevante Kriterien von Naturrasen. Einige Gesichtspunkte sollen hier im Folgenden vorgestellt werden (MINNICK, 2016).
Rasen unterstützt Bioremediation
Schadstoffe, wie Kohlenwasserstoffe und Schwermetalle, gelangen häufig in unsere Böden und schaden der Gesundheit von Menschen, Pflanzen und Tieren. Diese Stoffe können durch Bakterien, Pilze und andere Mikroorganismen im Boden biologisch abgebaut werden. Diesen Vorgang nennt man Bioremediation. Gesunde Rasenbestände verfügen über ein ausgedehntes feinverzweigtes Wurzelsystem, das sowohl den Lebensraum und eine Energiequelle für diese Populationen der Bodenorganismen bietet. Durch die Exsudate der Wurzeln in der Rhizosphäre der Gräser entsteht eine positive Wechselwirkung, sodass die Mikroorganismen des speziellen Mikrobioms durch die Rasengräser in ihrer Aktivität gefördert werden (CTRF, 2022).
Die Autoren HAVRYLIUK et al. (2022) kommen in einer umfangreichen Untersuchung zur Feststellung, dass mit der Verwendung von Rasengräsern eine effiziente Maßnahme zur Lösung des Problems der Umweltverschmutzung durch toxische Metalle möglich ist. Rasengräser sind demnach besonders vielversprechend für die Phytosanierung kontaminierter Areale, da sie resistent gegen extreme Bedingungen sind, schnell wachsen und Metalle anreichern können. Die Grasart Festuca rubra hat beispielsweise ein hohes Phytosanierungspotenzial zur Entfernung von Cu, Mo, Se u. a. aus Flugasche gezeigt (HAVRYLIUK et al., 2022).
Abb. 2: Beispiel für die biologische Beseitigung von Metallen aus Böden mit Hilfe von Gräsern
durch Mobilisierung und Transport in das Gras. (Quelle: HAVRYLIUK et al. (2022)
Rasen ist Filter und Barriere
Neben Kohlendioxid binden Rasenflächen auch Luftschadstoffe wie Schmutz, Staub, und Allergene.
Wenn die Rasengräser richtig versorgt und gepflegt werden, fördern sie nicht nur die nützlichen Mikroorganismen im Boden. Ein dichter Rasen ist auch eine wirksame Schutzmaßnahme gegen Bodenerosion durch Wasser und Wind. Eine vital wachsende Graspflanze kann unter idealen Bedingungen ein erhebliches Wurzelnetzwerk ausbilden, mit dem der Rasen den Boden an Ort und Stelle fixiert, während die Grasnarbe den Oberboden vor Wind-Erosion und Regen schützt (CTRF, 2022).
Abb. 3: Dichte, aktive Wurzeln der Gräser fixieren Bodenpartikel und verhindern die Erosion.
(Foto: K. G. Müller-Beck)
Rasen reduziert beim Niederschlag den Oberflächenabfluss
Durch die dichte Rasennarbe verlangsamt sich die Fließgeschwindigkeit des Wassers, sodass der Boden mehr aufnehmen kann. Dieses einsickernde Wasser kommt beim Niederschlagsereignis den Reserven des Grundwassers zugute.
Die im Wasser aufgenommenen Sedimente werden verstärkt in der Grasnarbe zurückgehalten. Dies verhindert den Eintrag von Schadstoffen, die somit nicht in das Wassersystem zurückgelangen, sondern stattdessen im Boden durch mikrobielle Prozesse abgebaut werden können.
Nach MINNICK (2022) kam ein Expertengremium der EPA auf der Grundlage umfangreicher Forschungsergebnisse zu dem Schluss, dass eine "dichte Vegetationsdecke aus Rasen" die Schadstoffbelastung und den Oberflächenabfluss deutlich verringert. So kann beispielsweise ein durchschnittlicher Fußballplatz ca. 190 000 Liter Wasser aufnehmen, bevor etwas abfließt.
Abb. 4: Demonstrationsversuch zur Erosion durch „Run-off“ bei Böden mit und ohne Rasenbewuchs.
Virginia Department of Conservation and Recreation (DCR, 2023).
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Schutz der Trinkwasserversorgung
Rasen verringert die Bodenerosion und den Oberflächenabfluss, die zwei große Gefahren für die Wasserqualität darstellen. Das Wurzelsystem des Rasens hält den Boden an Ort und Stelle und verhindert so dessen Erosion. Rasen verlangsamt auch den Abfluss von Regenwasser, so dass es vom Boden aufgenommen werden kann, anstatt abzufließen. Diese langsame Absorption durch den gewachsenen Boden dient dazu, Verunreinigungen aus dem Wasser zu filtern. Im Vergleich zu nacktem Boden kann ein Rasen die Erosion und den Abfluss um das Sechs- bis Achtfache verringern CTRF (2022). Insgesamt verhindern nach MINNICK (2016) die Grünflächen, dass Umweltschadstoffe durch den Boden in die Grundwasserzonen ausgewaschen werden oder als „Run-off“ in den Oberflächenabfluss gelangen. Rasennarben fangen überschüssiges Regenwasser auf und verhindern, dass Sedimente und Schadstoffe in Gewässer gelangen.
Quellenangabe
- CTRF, 2022: Canadian Turfgrass Research Foundation, Environmental Benefits of Turfgrass.
https://turfresearchcanada.ca/wp-content/uploads/2022/05/Benefits-of-Turf-EN.pdf - DCR, 2023: Virginia Department of Conservation and Recreation
www.linkedin.com/company/virginia-dcr/posts/?feedView=all - HAVRYLIUK, O., V. HOVORUKHA, I. BIDA, Y. DANKO, G. GLADKA, O. ZAKUTEVSKY, R. MARIYCHUK and O. TASHYREV, 2022: Bioremediation of Copper- and Chromium-Contaminated Soils Using Agrostis capillaris L., Festuca pratensis Huds., and Poa pratensis L. Mixture of Lawn Grasses. Land 2022, 11, 623.
https://doi.org/10.3390/land11050623 - MINNICK, J., 2016: Eight benefits of natural grass.
www.lawnandlandscape.com/news/ll-100815-natural-grass-benefits/