RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: November 2019

Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Entwicklung von Standards für Biostimulanzien erforderlich

Einleitung

Der Begriff „Biostimulanzien“ gewinnt seit geraumer Zeit verstärkt an Bedeutung bei der nachhaltigen Pflege von Golf- und Sportrasenflächen. Zahlreiche Präparate wurden bisher unter den Begriffen „Pflanzenstärkungsmittel“ oder „Pflanzenhilfsmittel“ vermarktet. Derartige Produkte werden im Düngerrecht bzw. im Pflanzenschutzmittelgesetz geregelt.
In einem vom Bundesministerium für Verbraucherschutz (BVL) kontrollierten Mitteilungsverfahren müssen Pflanzenstärkungsmittel vor dem Inverkehrbringen angemeldet werden und können dann auf eine offizielle Zulassungsliste gesetzt werden (s. BVL, 2019).

 

Gefäßversuche zum Wirkungsnachweis von Biostimulanzien
Abb. 1: Gefäßversuche zum Wirkungsnachweis von Biostimulanzien.
(Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Abgrenzung und Definition

Die Produktgruppe der Pflanzenstärkungsmittel wurde im Zuge der Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes neu definiert.

Nach BVL (2019) ist folgende Definition anzuwenden:
„Gemäß § 2 Nr. 10 Pflanzenschutzgesetz gelten als Pflanzenstärkungsmittel:
Stoffe und Gemische einschließlich Mikroorganismen, die ausschließlich dazu bestimmt sind, allgemein der Gesunderhaltung der Pflanzen zu dienen soweit sie nicht Pflanzenschutzmittel nach Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, oder dazu bestimmt sind, Pflanzen vor nichtparasitären Beeinträchtigungen zu schützen.“

„Produkte der zweiten Gruppe sind z. B. Mittel zur Verminderung der Wasserverdunstung oder Frostschutzmittel. Produkte, die als Pflanzenschutzmittel in den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 fallen, können keine Pflanzenstärkungsmittel sein. Mittel, bei denen die Versorgung der Pflanzen mit Nähr- und Spurenstoffen und die Anregung des Wachstums im Vordergrund stehen, sind eher als Pflanzenhilfsmittel oder Bodenhilfsstoffe einzuordnen. Diese Produktgruppen unterliegen dem Düngemittelrecht.“

Nach EBERT (2019) ist es für das Verständnis von Biostimulanzien wichtig zu wissen, woraus sie bestehen und welche Wirkungen von ihnen zu erwarten sind.
International werden Biostimulanzien bisher im Wesentlichen nach ihren Inhaltsstoffen beschrieben und bewertet (z.B. Auxine, Cytokinine, Gibberellinsäure, Huminsäuren, Aminosäuren oder Mikroorganismen, Pigmente bis hin zu Kompost u.a.).

Im Rahmen der neuen EU-Regulierung sollen die Biostimulanzien jetzt nicht mehr aufgrund der Inhaltsstoffe sondern vielmehr nach ihren Wirkungen/ Funktionen eingestuft werden.

Bei den verschiedenen Möglichkeiten hat nach EBERT (2019), die Definition des Europäischen Verbandes der Biostimulanzien-Hersteller EBIC (European Biostimulants Industry Council) die größte Akzeptanz gefunden. Danach heißt es:
„Pflanzenbiostimulanzien enthalten Substanzen und /oder Mikroorganismen, deren Funktion es ist, nach Anwendung auf Pflanzen oder den Boden natürliche Prozesse zu stimulieren und dabei die Nährstoffaufnahme und –effizienz, die Toleranz gegenüber abiotischem Stress sowie die Pflanzenqualität zu verbessern.“

Diese EBIC-Definition hat auch Eingang in die amerikanische Gesetzgebung und in die Beratung bei Golf- und Sportrasen gefunden.

 

Verschiedene Biostimulanzien wirken auf das Wurzelwachstum der Gräser
Abb. 2: Verschiedene Biostimulanzien wirken auf das Wurzelwachstum der Gräser. (Foto: K. Müller-Beck)

 

Standards nach Forschungsergebnissen

Bei der bisherigen Praxis in den USA, aber auch in Europa, werden Biostimulanzien bevorzugt in Düngerformulierungen oder als Bodenhilfsstoffe für den Strapazierrasen angeboten. Oft sind es vielfältige Kombinationen von Wirkstoffen bis hin zu undefinierten Mischungen mit vielfältigen Produktversprechen, die nicht immer eingehalten werden.

FIDANZA et al. (2019) sehen in der neuen Regulierung von Biostimulanzien einen verstärkten Forschungsbedarf für bestehende und mögliche Neuprodukte zur Beschreibung der Wirkung auf die unterschiedlichen Rasentypen. Ein großes Feld besteht bei der Anwendung von Biostimulanzien im Rahmen der Vorbeugung von Stressfaktoren bei den Gräsern z.B. bei Hitze, Trockenheit, starker Belastung oder zur Unterstützung der Wurzelbildung und des Rasenaspektes, bis zur Verbesserung der Spieleigenschaften.

 

Fragen und Anregungen für das Greenkeeping

Bei der Nutzung der heutigen Produktangebote im Markt der Biostimulanzien sollten vor der Anwendung einige Fragen beantwortet und gewertet werden.

  • Welche Wirk- und Inhaltsstoffe enthält das Produkt?
  • Was sind die Funktionen und wie wird das Produkt für den Rasen ausgelobt?
  • Eignet sich das Produkt für die unterschiedlichen Standortbedingungen (Boden, Klima) und die jeweiligen Grasarten?
  • Funktioniert das Produkt besonders bei abiotischen Stress-Faktoren (Hitze, Trockenheit, Salzkonzentration) oder eher bei biotischen Bedingungen (Insekten, Pilzen)?
  • Welche Versuchsergebnisse liegen vor?
  • Gibt es quantitative und qualitative Feldversuche?
  • Hat der Hersteller Datenblätter, aus denen die Wirkung der enthaltenden Inhaltsstoffe für die ausgelobte Funktion hervorgeht?

Aufgrund der notwendigen Abgrenzung zu Düngern und Pflanzenschutzmitteln sind die Funktionen der Biostimulanzien ziemlich genau definiert, sodass die Wirkungen auf Pflanzen in erster Linie auf folgenden Gebieten erwartet werden können (EBERT, 2019).

  • Allgemeine Förderung des Wachstums und Verbesserung der Erträge von Pflanzen.
  • Erhöhung der Nährstoffeffizienz durch verbesserte Aufnahme und Verwertung.
  • Verbesserung der Pflanzenqualität.
  •  Sicherung von Wachstum und Ertragsbildung bei schlechten Witterungs- und Bodenverhältnissen.
  • Förderung des Bodenlebens, der Bodengesundheit und der Lebensbedingungen im Wurzelraum.

Für die Zukunft sollte es möglich sein, die Wirkungen von Biostimulanzien mit ausreichender Genauigkeit zu beschreiben und somit die Wirksamkeit der Produkte sicherzustellen.

 

Quellen:

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© Deutsche Rasengesellschaft e.V. (DRG)