RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: Mai 2023

Autor: Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Signalwirkung von frischem Rasenschnittgut

 

Einleitung

  • Mit den wärmeren Maitagen gehört auch das Mähen der Rasenflächen wieder zur regelmäßigen Rasenpflege. Alle Rasenfreunde, aber auch die Profis, wie Golf- und Sportplatz-Greenkeeper, kennen und schätzen den Geruch von frisch gemähtem Gras.

Dabei verströmen die Gräser für uns Menschen einen wohltuenden Duft, der uns positiv stimulieren kann.

 

Geruchsprobe bei frischem Rasenschnittgut.
Abb. 1: Geruchsprobe bei frischem Rasenschnittgut. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Was ist da in der Luft?

Seit geraumer Zeit wird dieses Phänomen untersucht und Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Gras, aber auch andere Blattpflanzen, bei Verletzungen an der Blattfläche, routinemäßig eine Vielzahl von organischen Verbindungen absondern. Diese Stoffe werden als „Green Leaf Volatiles“ (GLVs) bezeichnet. Sie verflüchtigen sich leicht bei Raumtemperatur. Chemisch gesehen handelt es sich nach GRUNBAUM (2019) bei dem klassischen Rasengeruch in der Luft um eine Mischung aus kohlenstoffhaltigen Verbindungen (GLV). Als Mensch essen wir in der Regel kein Gras, aber die GLV, die vom Gras freigesetzt werden, unterscheiden sich nur wenig von denen, die wir als schmackhafte Pflanzen einstufen. Das bedeutet, dass wir gute Gründe haben, positiv auf den Rasenduft zu reagieren (GRUNDBAUM, 2019). "So gut wie jedes frische Gemüse hat ein gewisses GLV-Bouquet".

 

Frisches Rasenschnittgut. Zusammensetzung der „Green Leaf Volatiles“ (GLV)  im Rasen-Schnittgut nach CI, 2014.
Abb. 2: Frisches Rasenschnittgut.
(Foto: K.G. Müller-Beck)
Grafik 1: Zusammensetzung der „Green Leaf Volatiles“ (GLV)
im Rasen-Schnittgut nach CI, 2014.

 

Reaktionen der Gräser

Pflanzen setzen diese Moleküle häufig frei, wenn sie durch Insekten, Infektionen oder mechanische Kräfte - wie einen Rasenmäher - beschädigt werden. Der Pflanzenökologe Ian Baldwin (Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena) beschrieb, dass die Pflanzen leicht unterschiedliche Formen von GLVs produzieren, je nachdem, was mit ihnen geschieht (GRUNDBAUM, 2019).
Im Laufe des letzten Jahrhunderts haben Wissenschaftler entdeckt, dass Gräser und andere Blattpflanzen routinemäßig eine Vielzahl dampfförmiger Abwehrstoffe absondern können. Dies gilt insbesondere, wenn sie durch Schädlinge gestresst oder mechanisch verletzt werden, wie beispielsweise beim Mähen des Rasens (MAC DONALD, 2022).

 

Der angenehme Duft von frisch gemähtem Gras kann in Wirklichkeit ein chemischer Hilferuf sein.
Abb. 3: Der angenehme Duft von frisch gemähtem Gras kann in Wirklichkeit ein chemischer
Hilferuf sein. Die Pflanzen kommunizieren über chemische Stoffe auf Schäden an Blättern und
reagieren mit Abwehr. (Quelle: PBS, 2019)

 

Erforschung von Pflanzenstoffen führt zu Biostimulanzien

Ein wichtiges Thema beim 133. DRG-Rasenseminar in Kiel, waren Fragen rund um die Entwicklung und Beurteilung von Biostimulanzien. Bei seinen spannenden Ausführungen ging Dr. T. Hüster, von der Agrarforum GmbH, auch auf die Bedeutung und Wirkung der Duftstoffe bei frisch gemähtem Gras ein. So beschrieb er als einen wichtigen Bestandteil der „Green Leaf Volatiles“ (GLV) das Cis-3-Hexanol. Mit den Wirkstoffen kurbeln die Pflanzen die Wundheilung nach Verletzung der Blätter an und schützen so vor bakteriellen Infektionen. Darüber hinaus dienen die GVLs der Kommunikation, mit der Insekten angelockt werden können, um Fressfeinde zu bekämpfen.

 

Erforschung der Blattinhaltsstoffe führt zur Entwicklung von Biostimulanzien.
Abb. 4: Erforschung der Blattinhaltsstoffe führt zur Entwicklung von Biostimulanzien.
(Quelle: Vortrag HÜSTER (2023) bei 133.DRG-Rasenseminar in Kiel)

 

Fazit

Der Duft von frisch gemähtem Gras ist in Wirklichkeit ein Signal der Bedrohung.
(GRUNDBAUM, 2019). Baldwin fügte hinzu, dass auch die Pflanzen selbst diese Aromen in der Luft erkennen und darauf reagieren können. Wenn das GLV-Bouquet anzeigt, dass beispielsweise benachbarte Pflanzen ihre Blütenstände verlieren, so kann die Pflanze Zucker und andere Ressourcen in ihre Wurzeln verlagern. Damit minimiert die Pflanze die potenziellen Verluste und es hilft ihr, später wieder zu regenerieren. Diesen Effekt nennt man Bunkern und nach Baldwin setzt er bereits wenige Minuten nach dem Eingriff in die erste Pflanze ein (GRUNDBAUM, 2019).
Wenn Sie von einem Ende des Rasens zum anderen mähen, riecht das Gras auf der anderen Seite vielleicht schon, dass Sie kommen - und ist bereit, sich zu wehren.

 


Literaturhinweise

 

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© Deutsche Rasengesellschaft e.V. (DRG)