Rasenthema: Juni 2025
Autor: Timo Blecher, Feldsaaten-Freudenberger
Rasensamenproduktion: Nach der Aussaat ist vor der Ernte
Einleitung
Pflege und Reparaturmaßnahmen finden auf Rasenflächen im Monat Mai in vielen Fällen auf Grund der jahreszeitlich günstigen Witterung ihren Höhepunkt. Hierbei spielt qualitativ hochwertiger Rasensamen eine entscheidende Rolle, da er die Grundlage für die Eigenschaften der späteren Rasenfläche liefert. Doch wie kommt der Rasensamen eigentlich in die Verpackung?
Im diesjährigen Frühjahrsseminar der Deutschen Rasengesellschaft stand die Produktion von Gräsersaatgut mit dem Leitthema „Quo vadis Rasensaatgut?“ im Fokus der Feldbesichtigungen sowie im anschließenden Vortragsteil.
Die aufwendigen und stark reglementierten Prozesse von der Sortenzüchtung, über Vermehrung, Ernte, Aufbereitung , Lagerung und Abfüllung in die Verkaufsverpackungen wurden bei dieser Tagung detailliert vorgestellt.
In dem aktuellen Tagungsbericht werden wesentliche Inhalte erläutert (BORRINK, 2025).
Vermehrung von Sorten-Saatgut
Bevor der Rasensamen geerntet und verpackt werden kann, bedarf es eines gewissen Vorlaufs. Zunächst muss geeignetes Aussaatmaterial der verschiedenen Sorten zur Verfügung stehen. Dies beginnt mit kleinen Vermehrungsflächen von Züchtersaatgut und wird dann immer weiter skaliert, bis eine ausreichende Menge Material für eine große Feldproduktion auf landwirtschaftlichen Betrieben zur Verfügung steht. Erst nach der Sortenzulassung durch das Bundessortenamt kann mit der Vermehrung des Materials begonnen werden. Jede Generation muss bestimmte gesetzliche Anforderungen erfüllen. In der Regel dauert es von der Aussaat der ersten Kleinstmenge der Sorte bis zur ersten Rasenpackung vier bis fünf Jahre.
Vermehrungsgenerationen des hochwertigem Rasensaatgutes vom Züchtersaatgut bis zum
zertifizierten Rasensaatgut für den Vertrieb.
Amtliche Qualitätskontrollen bis zur Zertifizierung
Alle Vermehrungsschritte werden gesetzlich streng begleitet und im Zuge der sogenannten Feldanerkennung im Freiland und der darauffolgenden Saatgutanerkennung im Betrieb überwacht. Die genetische Qualität der Sorte an verschiedenen Standorten kontrolliert und auch während der Vegetation werden die Anbauflächen auf eine Sortenreinheit und die vorgeschriebene Unkrautfreiheit überprüft. Im Verlauf dieser Prozesse ist gerade im Feld immer wieder Handarbeit erforderlich: Die teilweise mehrere Hektar großen Anbauflächen werden auf abweichende Pflanzen kontrolliert, sodass auffallende Pflanzen frühzeitig aus dem Bestand entfernt werden können.
Abb 1: Aller Anfang ist schwer: Auf kleinsten Flächen werden die vorhandenen Samen einer neuen
Sorte ausgesät und geerntet, um das sortenreine Saatgut in Jahresetappen zu vermehren (Foto: T. Blecher).
Spezialisierte Vermehrungsbetriebe
Der Anbau der relevanten Rasenarten erfolgt in der Regel im zwei- oder mehrjährigen Verfahren. Das Saatgut wird im ersten Jahr auf klassischen Ackerflächen von spezialisierten Vermehrungsbetrieben ausgebracht. Hierfür werden mit einer geringen Aussaatstärke (ca. 10 kg/Hektar) starke Einzelpflanzen herangezogen, die dann im Folgejahr die sogenannten Blütenstände ausbilden (ein Bild, was man in bestehenden Rasenflächen vor allem durch unerwünschte Ungräser, wie z. B. Poa annua kennt).
Abb. 2: Großflächige Rasensamen Produktionsfläche - Die Sorte hat es geschafft,
ist fest etabliert und wird jährlich auf mehreren hundert Hektar angebaut (Foto: M. Bredtmann).
Starke Einzelpflanzen sind besonders wichtig, um den Fokus im Feld auf mehrere Samentriebe und höhere Saatguterträge zu legen und weniger auf die dichte Rasennarbe, die bei der späteren Rasenansaat gewünscht wird. Somit stellt die Grassamenproduktion gewissermaßen einen gegenteiligen Prozess zum eigentlichen späteren Verwendungszweck des Saatgutes dar. Hierdurch kommt es leider oftmals dazu, dass besonders leistungsstarke Rasengräser einen eher geringen Samenertrag liefern, was den Saatgutpreis erhöht. Dagegen gibt es auch Sorten, die einen hohen Samenertrag liefern, aber in der Rasenfläche keine besonders guten Raseneigenschaften zeigen.
Abb. 3: Blütenstand einer einzelnen Deutsch Weidelgras-Pflanze zum Zeitpunkt der Blüte. Die einzelnen
Ährchen sind gut zu erkennen (Foto: R. Kindel).
Ernte und Aufbereitung
Die Erntezeit ist ebenfalls abhängig von der Grasart und findet in den Sommermonaten statt. Je nach Art und Sorte werden pro Hektar (10.000 m²) Erträge zwischen 300 und 2000 kg Saatgut erreicht. Dieses Material wird auf dem Feld in verschiedenen Verfahren (aus dem Stand oder aus dem Schwad) mit dem Mähdrescher geerntet. Dieses Erntegut wird als Rohware bezeichnet und ist für den Verkauf als Rasensaatgut noch nicht geeignet. Hier muss nun durch Trocknung und verschiedene Reinigungsschritte nachgearbeitet werden, bis schließlich reine Saatware erreicht wird, welche den gesetzlichen Standards oder den individuellen Qualitätsansprüchen der Rasensamen-Vertriebsfirmen gerecht wird. In vielen Fällen übersteigt die Qualität der Saatgutprodukte die gesetzlichen Vorgaben deutlich.
Im letzten Schritt wird das reine Sortenmaterial zu den handelsüblichen Mischungen vermischt und die Samen in die Verpackungen für die Endverbraucher abgepackt. Das amtlich vorgeschriebene Saatgutetikett enthält allen wesentlichen Angaben zur Mischungszusammensetzung (Arten, Sorten und Gewichtsanteil) , Produktionsjahr (Verschluss) und zum Hersteller.
Quellenhinweis:
- BORRINK, L., 2025: Gräser im Fokus des 137. DRG-Rasenseminars in Krefeld.
www.rasengesellschaft.de/newsreader/graeser-im-fokus-des-137-drg-rasenseminars-in-krefeld.html