Rasenthema: Juni 2020
Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e. V.
Funktion und Arbeitstiefen beim „Vertikalschneiden“ in der Rasenpflege beachten
Zur Entwicklung einer dichten Rasennarbe dient das regelmäßige Mähen als wichtigste Pflegemaßnahme. Beim Mähen erfolgt ein horizontaler Schnitt mit einem Sichel- oder Spindelmäher, um eine angemessene Schnitthöhe für den jeweiligen Rasentyp zu erreichen. Zur Optimierung der Narbenpflege kann es erforderlich werden, dass horizontal wachsende Pflanzenteile durchtrennt werden müssen oder dass überschüssiges Pflanzenmaterial (Stängelteile, flache Ausläufer, Rasenfilz) entfernt werden muss.
Für diese Arbeiten der Narbenpflege kommen rotierende Werkzeuge mit vertikal schneidenden Messern zum Einsatz. Abhängig von der Funktionsweise und den erforderlichen Arbeitstiefen stehen als Pflegegeräte der Groomer, der Vertikutierer oder der Scarifyer zur Verfügung. Für eine tiefere Bodenbearbeitung werden dann entsprechende Schlitzgeräte (Fine- oder Deep-Slitter) genutzt. Je nach Zielsetzung und Intensität des Bearbeitungsgrades sind für die Geräte unterschiedliche Arbeitstiefen einzuhalten.
Abb. 1: Groomer-Einheit mit vorlaufender Scheibenrolle. Abb. 2: Vertikutier-Einheiten mit unterschiedlichen Arbeitstiefen.
(Fotos: K.G. Müller-Beck)
Abb. 3: Profilausstich mit unterschiedlichen Arbeitstiefen für vertikal schneidende Werkzeuge im Rasen, Groomer – Vertikutierer – Scarifyer.
Groomer-Einsatz
Bei der Pflege von Golfgrüns werden Mäheinheiten mit einer Groomerwelle als Standard eingesetzt. Die vertikal schneidende Groomer-Welle richtet Blattspreiten auf und durchtrennt ggf. flache Ausläufer in der Rasennarbe, bevor der eigentliche Tiefschnitt mit dem Schneidzylinder erfolgt. Der Groomer-Einsatz sorgt beim Golfgrün für eine Verbesserung der Ballrolleigenschaften und dünnt die Narbe leicht aus. Je nach Schnitthöhe (3 -4,5 mm) werden die Groomer-Messer auf gleiche Schnitthöhe bzw. auf 1 -2 mm unterhalb der Schnittlinie eingestellt.
Die Häufigkeit des Groomer-Einsatzes orientiert sich an der Narbenzusammensetzung (Agrostis spec. / Poa annua) und an der Intensität des Spielbetriebs, sodass Intervalle von dreimal wöchentlich bis siebenmal pro Woche möglich sind. Zum Aufrichten der Rasengräser werden heute auch Groomerwellen mit einer Bürstenausstattung angeboten.
Vertikutierer-Einsatz
Beim Vertikutieren werden abgestorbene Pflanzenteile, die sich zum Rasenfilz auf der Bodenoberfläche angereichert haben, durch vertikal in den Filz schneidende Messer entfernt. Filz (Thatch) besteht aus Ausläufern, flachstreichenden Wurzeln, Stängelteilen und abgestorbenen Blattresten. Es entsteht ein meist brauner Horizont zwischen Boden (RTS-Material) und grünen Sprossteilen der Graspflanzen.
Eine Schichtdicke von 3 – 5 mm gilt als normal bearbeitungsfähig. Bei Filzstärken von >10 mm wird der Bearbeitungserfolg stark eingeschränkt.
Scarifyier-Einsatz
Bei starken Filzschichten (> 10 mm) hat sich die Bearbeitung mit einem „Scarifyer“ bewährt. Da die Vertikutiermesser eine Stärke von 2 bis 4 mm aufweisen und die Leistung der Geräte entsprechend ausgelegt ist, werden beim scharfen Vertikutieren („Scarifying) die Werkzeuge durch den Filz bis zur Tiefe von 40 mm in den Boden geführt. Zur Stabilisierung der Rasennarbe ist es sinnvoll, die entstandenen Schlitze anschließend mit Sand zu verfüllen.
Tab. 1: Vergleich und Kriterien für unterschiedliche Arten des Vertikalschneidens im Rasen.
Schlitzer-Einsatz
Zur Öffnung der Rasenoberfläche und zur Förderung des Gasaustausches im Wurzelhorizont, werden Schlitzgeräte zur Belüftung eingesetzt. Gerade auf Gebrauchsrasenflächen, wie benutzen Parkanlagen und Liegewiesen, aber auch auf einfachen Sportanlagen kommen unterschiedliche Geräte zum Einsatz. Die möglichen Arbeitstiefen variieren nach Gerätetyp und reichen von wenigen Zentimetern (3 bis 5 cm = Feinschlitzer) über Standardgeräte (5 bis 12 cm) bis zu Tiefenschlitzern (15 bis 30 cm). Bei den einfachen Varianten werden die Werkzeuge auf einer Sternwalze über den Bodenantrieb und den Gerätedruck in den Boden gesenkt. Neben der Bodenöffnung kann auch eine Lockerung durch Anordnung und Form der Werkzeuge erreicht werden.
Abb. 4: Schlitzgerät mit Sternwalze Abb. 5: Recycling-Dresser im Arbeitsmodus.
(Fotos: K. Müller-Beck)
Vornehmlich zur Verbesserung der Wasserdurchlässigkeit von natürlich aufgebauten Rasenböden werden Schlitzgeräte mit Zapfwellenantrieb eingesetzt. Je nach Bestückung der Antriebswellen werden feine Schlitze in den Boden gefräst, wobei Arbeitstiefen bis zu 35 cm erreicht werden können. Damit derartige Schlitze möglichst lange wirksam bleiben und nicht den Spielbetreib beeinträchtigen, werden sie möglichst exakt mit geeigneten Sanden verfüllt. Spezialgeräte bieten einen aufgesattelten Sandbehälter, aus dem in einem Arbeitsgang getrockneter Sand in die Schlitze rieselt.
Autor
Dr. Klaus G. Müller-Beck,
Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.
48291 Telgte
E-Mail: klaus.mueller-beck@t-online.de
TIEHME-HACK, M., 2018: Handbuch Rasen, Ulmer Verlag Stuttgart, 352 S.