RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: Juni 2018

Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.

Wurzeln - ein zentrales Organ für die Versorgung der Gräser

Feinverzweigte Gräserwurzeln sind die wichtigste Voraussetzung zur Entwicklung eines gesunden Rasens. Das Wurzelsystem dient einerseits der Verankerung der Gräser, andererseits sorgen die Wurzeln für die Wasser- und Mineralstoffaufnahme. Je größer die Wurzelverzweigung und damit die Dichte des Wurzelnetzwerkes werden, umso geringer fallen mögliche Nährstoffverluste bei sandreichen Tragschichtsubstraten aus. Eine Stimulierung der Gräserwurzeln erfolgt durch eine ausreichende Belüftung des Bodens sowie durch eine angemessene Wasser- und Nährstoffversorgung.

 

Keimung von Lolium perenne, nach 48 Stunden Bildung der ersten Primärwurzeln
Abb.1: Keimung von Lolium perenne, nach 48 Stunden Bildung der ersten Primärwurzeln. (Quelle: OBERNOLTE, 2018)

Keimung von Lolium perenne, nach 48 Stunden Bildung der ersten Primärwurzeln
Abb.2: Keimung von Lolium perenne, nach 96 Stunden Bildung der ersten Primärblätter. (Quelle: OBERNOLTE, 2018)

 

Wurzelwachstum und Entwicklung

Kurz nach dem sich die Keimwurzel aus dem Saatkorn zeigt, entwickeln sich die ersten echten Wurzeln aus dem Embryo. Diese Primärwurzeln beginnen sobald sie voll ausgebildet sind mit der Wasser- und Nährstoffaufnahme. Auch wenn diese Wurzeln etwa für ein Jahr ihre Funktion erhalten, übernehmen die nach und nach gebildeten Sekundärwurzeln die Wasser und Nährstoffaufnahme. Die Sekundärwurzeln werden aus den Nodien gebildet.

Im Gegensatz zu den Blättern und zum Spross, ist bei den Wurzeln das teilungsfähige Gewebe (Meristem) an der Wurzelspitze. Hier werden alle neuen Zellen gebildet. Das Meristem wird durch eine Wurzelhaube geschützt. Im Bereich hinter dem Meristem findet das Zell-Längenwachstum (Elongation) statt. Daran schließt sich dann der Bereich der Ausdifferenzierung von Wurzelhaaren und Zellausstülpungen zur Optimierung der Wasser- und Nährstoffaufnahme aus dem Boden an. Ein spezielles Leitsystem fördert dann die aufgenommenen Nährstoffe in die Blätter und Triebe (LANDSCHOOT, 2017).

 

arstellung der Wurzelspitze mit dem Meristem, der Wurzelhaube  sowie den Bereichen der Zellstreckung (Elongation) und den Wurzelhaaren
Abb.3: Darstellung der Wurzelspitze mit dem Meristem, der Wurzelhaube sowie den Bereichen der Zellstreckung (Elongation) und den Wurzelhaaren. (Quelle: LANDSCHOOT, 2017)

 

Einfluss auf Wurzelentwicklung

Das Wurzelwachstum der Gräser wird maßgeblich durch die Bodentemperatur, Feuchtigkeit und den Sauerstoffgehalt des Bodens beeinflusst. Insofern sind bei belasteten Sportrasenflächen geeignete Bodenbearbeitungen und zielgerichtete Beregnungsmaßnahmen besonders bedeutungsvoll für die Förderung des Wurzelwachstums.
Die optimale Bodentemperatur für das Wurzelwachstum der „cool season“ Gräser liegt bei 10 °C bis 18 °C. Bei Bodentemperaturen über 32 °C wird beispielsweise bei Poa pratensis das Wurzelwachstum drastisch reduziert. Werden im Winter Frosttemperaturen erreicht, so wird das Wurzelwachstum eingestellt.
Im Frühjahr und im Herbst ist das Wurzelwachstum am größten.
Stimuliert wird das Wurzelwachstum durch die Verlagerung von Kohlenhydraten, die bei der Fotosynthese gebildet werden, aus den Blättern in die Wurzeln. Die Wurzeln benötigen diese Energie zur Zellproduktion, aber auch für die aktive Aufnahme von Wasser und Nährionen. Die Fotosyntheseleistung der Blätter ist u.a. von der Blattfläche des Gräseraufwuchses abhängig. Je tiefer die Schnitthöhe ausfällt, umso geringer wird die Produktion von Kohlenhydraten, das hat energetische Auswirkungen auf die Anregung zur Wurzelbildung.

Je tiefer die Wurzeln in den Boden einwachsen können, dies wird beispielsweise durch Bodenverdichtungen verhindert, umso sicherer ist die Wasserversorgung unter Stressbedingungen bei Trockenperioden. Hier gilt es, vorausschauend in der Pflege zu arbeiten. Günstige Wurzeltiefen erreichen 15 Zentimeter.
Die regemäßige Prüfung des Wurzelsystems gibt Hinweise für notwendige Maßnahmen.

 

Saatgutettiketten für Sondermischungen mit Lolium -Sorten
Abb. 4: Prüfung des Wurzeltiefgangs beim Sportrasen mit einem Profilspaten. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Wurzelausprägung ein neues Zuchtziel in der Gräserzüchtung

Die angestrebten Zuchtziele bei der Entwicklung von neuen Rasengräsern wurden immer an die Anforderungen der Nutzung und die veränderten Wachstumsbedingungen angepasst. In jüngerer Zeit stehen verstärkt die Herausforderungen des Klimawandels im Fokus der Züchter. So berichtete ARTS (2018) beim 126. DRG-Rasenseminar über das Verfahren der Einzelpflanzenuntersuchung in einem Hydroponik-System zur Ermittlung der Wurzel- und Sprossentwicklung unter kritischen Wachstumsbedingungen. Bei geringem N-Angebot (N-Stress) reduzierte sich die Blattoberfläche, gleichzeitig war eine Förderung der Wurzeln zu beobachten.

 

Untersuchungen im Rhizotron zur Wurzel- und Sprossentwicklung bei Poa pratensis in Abhängigkeit von der Konzentration der Nährlösung.
Abb. 5: Untersuchungen im Rhizotron zur Wurzel- und Sprossentwicklung bei Poa pratensis in Abhängigkeit von der Konzentration der Nährlösung. (Quelle: ARTS, 2018)

 

Zur Verbesserung der Nachhaltigkeit bei der Gräserentwicklung bieten sich verschiedene Möglichkeiten im Zuchtverfahren. Für die praktische Umsetzung bei der Rasenpflege sind es oft die Wechselwirkungen, auf die es bei der Auswahl der Gräser und der möglichen Pflegemaßnahmen ankommt (MÜLLER-BECK, 2018).

Quellenangaben:

ARTS, P., 2018: Nachhaltigkeit als Ziel in der Rasengräser-Züchtung. Vortrags-Handout, 126. DRG-Rasenseminar.
LANDSCHOOT, P., 2017: The Cool-Season Turfgrasses: Basic Structures, Growth and Development. Penn State Univ.; https://plantscience.psu.edu/research/centers/turf/extension/factsheets/cool-season
MÜLLER-BECK, K.G., 2018: Rasengräser von der Züchtung bis zur Anwendung. Z. Rasen-Turf-Gazon, 2-2018 (unveröffentlicht).
OBERNOLTE, L., 2018: Die Graswurzel als Grundlage für einen vitalen Rasen. Vortrags-Handout, 126-DRG-Rasenseminar.

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