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Rasenthema: Juli 2025

Autor: Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Tetraploide Sorten des Deutschen Weidelgras für die Rasennutzung

 

Rasensorten entstehen durch Züchtung

Das Angebot an speziellen Sorten für die Rasennutzung mit dichter, feiner Narbe und geringer Wüchsigkeit, die aus schwachwüchsigen Ökotypen hervorgegangen sind, ist inzwischen sehr umfangreich (BSA, 2025). Das Deutsche Weidelgras ist dabei durch zielstrebige Züchtungsarbeit zu einem der wichtigsten und wertvollsten Rasengräser geworden. Zahlreiche Sorten mit dichter, feiner Narbenbildung und hoher Regenerationskraft für den Strapazierrasen stehen mit höchsten Benotungen zur Verfügung. Neben den überwiegend diploiden Rasensorten von Lolium perenne sind auch eine Reihe von feinblättrigen, tetraploide Sorten geprüft und in der aktuellen Sortenliste 2025 beschrieben.

 

Deutsches Weidelgras wichtiger Mischungspartner

Deutsches Weidelgras zeichnet sich durch eine schnelle Anfangsentwicklung aus, die sich
im raschen Auflaufen und im sofort einsetzenden intensiven Wachstum zeigt. Es eignet sich
daher zur schnellen Begrünung neu angelegter Rasenflächen und zur Nachsaat von Lücken. (BSA, 2025). Das Deutsche Weidelgras ist ein robustes, trittfestes Rasengras mit guter Trockenheitsresistenz. Deshalb liegt der Schwerpunkt in der Verwendung als Rasengras wegen der hohen Belastbarkeit der Narbe im Gebrauchs- und besonders im Strapazierrasenbereich.

Tabelle: Häufigkeiten in der Eignung der Sorten für die Anwendungsbereiche Gebrauchs- und Strapazierrasen (BSA, 2025).
Tab.1: Häufigkeiten in der Eignung der Sorten für die Anwendungsbereiche
Gebrauchs- und Strapazierrasen (BSA, 2025).

 

Für den Zierrasen ist Lolium perenne eher überwiegend nicht geeignet. Allerdings eignen sich einige Sorten mit dichterer Narbe und schmaleren Blättern und einer Tiefschnittverträglichkeit durchaus auch für diesen feineren Rasentyp (siehe Sortenliste 2025).
Im Landschaftsrasen dient das Deutsche Weidelgras überwiegend als ‚Ammengras für sich langsam entwickelnde Arten, da es ohne Düngung meist nur lockere Narben bildet.

 

Narbenverbesserung erfolgt durch Nachsaat

Sportrasenflächen profitieren von regelmäßigen Nachsaaten zur Verbesserung des Pflanzenbestandes und zur Förderung der Narbendichte bei Lückigkeit. In der Regel kommen dabei Regenerationsmischungen vom Typ RSM 3.2 mit leistungsfähigen Sorten aus dem Angebot der strapazierfähigen Grasart Lolium perenne (Deutsches Weidelgras) zum Einsatz. In der Beschreibenden Sortenliste „Rasengräser“ (BSA, 2025) oder in der FLL RSM-Broschüre „Regel-Saatgut-Mischung“ lassen sich die besten Sorten für den Strapazierrasen mit den Eignungsnoten 8 bis 9 auswählen (48 / 24 s. Tabelle 1).

 

Tetraploide Sorten*
Lolium perenne
Eignungsnote
Gebrauchsrasen
Eignungsnote
Strapazierrasen
DOUBLE 7 8
FABIAN 8 8
TETRABOOM 7 7
TETRAFAN 8 8
TETRAGON n. gepr. n. gepr.
TETRAGREEN 7 8
TETRASPORT 7 7
TRATADO 8 7
STARFIRE n. gepr. n. gepr.

Tab. 2: : Eignungsnoten der zugelassenen tetraploiden Sorten vom Deutschen Weidelgras. (BSA, 2025)
*) kein Anspruch auf Vollständigkeit

 

Klimawandel hat Einfluss auf Gräserzüchtung

Die Züchtung angepasster, modernen Rasengräser hat sich in den letzten Jahren drastisch verbessert, das wird an der Anzahl der sehr guten Lolium perenne-Sorten (Note 9) sichtbar. Unter den veränderten Klimabedingungen rücken die tetraploiden Weidelgräser stärker in den Fokus für die Nutzung im Strapazierrasen. Insbesondere zur Verbesserung der Pflanzenbestände nach einer längeren Trockenheit bieten sich tetraploide Sorten von Lolium perenne für die Nachsaat an. Als Beispiele aus der Sortenliste siehe Tabelle 2.

 

Steigerung der Leistungseigenschaften

Die Chromosomen bestimmen die Eigenschaften der Pflanzen. So haben tetraploide Gräser vier Chromosomensätze pro Zelle und entwickeln daher tiefere Wurzeln und zeigen eine verbesserte Belastungstoleranz gegenüber diploiden Sorten. (WILTON, 2021). Diploide Pflanzen haben kleinere Zellen und damit mehr strukturelles Zellwandmaterial im Vergleich zu den tetraploiden Zellen, die größer sind, sodass die tetraploide Pflanze insgesamt einen höheren Gehalt an wasserlöslichen Kohlenhydraten (Zucker) aufweist.
Durch die "Ploidie-Züchtung" wird der einfache Chromosomensatz von 2n = 14 (diploid) auf 4n = 28 (tetraploid) in den Zellen eines Weidelgrases angehoben. Neben dem natürlichen Vorkommen, können Pflanzenzüchter durch bestimmte Verfahren tetraploide Pflanzen erzeugen.

 

Tetraploide Lolium perenne-Sorte im Demonstrationsversuch.
Abb. 1: Tetraploide Lolium perenne-Sorte im Demonstrationsversuch. (Foto: DSV UK, 2025)

 

Vorteile für die Rasenpraxis

Auf der Suche nach immer größerer Leistung der Gräser für den Strapazierrasen bieten die tetraploiden Sorten der Weidelgräser echten Fortschritt. Laut DLF (2023 b) ist die Stärke der tetraploiden Lolium perenne-Sorten von der Keimung an offensichtlich. Das Saatgut keimt rascher, auch bei niedrigeren Temperaturen (> 4 °C), und läuft somit schneller auf. In der Bestockungsphase entwickeln sich stärkere Pflanzen, die den Boden schneller bedecken, ohne die Mischungspartner zu unterdrücken. Mit dieser aggressiven Jungpflanzenentwicklung entsteht eine starke Verdrängungskraft gegenüber der natürlichen Konkurrenz von Unkräutern (WALL, 2019).

 

Tetraploide Lolium perenne Sorten (oben) entwickeln eine ausgeprägte Wurzelstruktur und können somit vorhandene Wasserreserven im Boden besser erschließen.
Abb. 2: Tetraploide Lolium perenne Sorten (oben) entwickeln eine
ausgeprägte Wurzelstruktur und können somit vorhandene Wasserreserven
im Boden besser erschließen (Foto DLF, ULLRICH, 2024).

 

Unter dem Label 4turf® vermarktet DLF tetraploide Strapaziermischungen. Nach Angaben des Herstellers sind diese Mischungen extrem trockenheitsresistent und der Rasen benötigt weniger Wasser, um grün zu bleiben. In der einzigartigen Wurzelscreening-Anlage (RadiMax) wird beim Gräserzüchter DLF inzwischen auch das Wurzelsystem der Gräser untersucht. Dabei deutete die verbesserte Wurzelarchitektur bei den tetraploiden Gräsern darauf hin, dass die natürlichen Wasserreserven effizienter genutzt werden können. Auch die Regenerationskraft bei einsetzendem Regen nach einer Dürreperiode, wird für die 4turf®-Sorten als vorteilhaft beschrieben.
Bezüglich Winterhärte und Krankheitsresistenz zeigen tetraploide Sorten von Lolium perenne in skandinavischen Versuchen deutlich bessere Ergebnisse als diploide.

 

Kältetoleranz

Die offiziellen skandinavischen Scanturf-Versuche für 4turf® Mischungen dokumentieren eine außergewöhnliche Winterperformance, wie Versuche aus Finnland zeigen.

 

Zusammenfassende Versuchsergebnisse für die Eigenschaften „Winterhärte“ und „Trockenheitstoleranz“ von tetraploidem Deutsch Weidelgras (4turf®/ DLF, 2023).
Abb. 3+4: Zusammenfassende Versuchsergebnisse für die Eigenschaften „Winterhärte“ und „Trockenheitstoleranz“
von tetraploidem Deutsch Weidelgras (4turf®/ DLF, 2023).

 

Trockenheitstoleranz

Ergebnisse aus den Versuchen unter sehr trockenen Bedingungen in Frankreich im Loire-Tal zeigen, wie tolerant die 4turf®-Sorten gegenüber Dürre im Vergleich zu diploiden Sorten sind. Wie die Grafik (Abbildung 4) zeigt, haben 4turf Sorten einen Index von 133 im Vergleich zu diploiden Sorten mit einem Index von 100. Tetraploide Sorten sind toleranter und sie regenerieren auch schneller, wenn der Regen kommt.

 

Fazit

Tetraploide Weidelgräser zeichnen sich gegenüber diploiden durch einige positive Eigenschaften aus. Dazu zählen beispielsweise der stärkere Wuchs, größere-
Organe (Blätter, Triebe und Blüten), höhere Konkurrenzkraft in der Frühentwicklung, sowie eine bessere Resistenz gegenüber Krankheiten.

Die tetraploiden Sorten eignen sich idealerweise für die Nachsaat, da ihr größeres Saatgut mehr Kraft für eine schnellere Etablierung bietet und sie somit konkurrenzfähiger gegenüber dem bestehenden Altbestand sind. Sie haben eine bessere Stresstoleranz und erholen sich schneller nach extremen Temperaturen und Krankheitsbefall (DLF, 2023).
Tetraploide Sorten gewinnen zunehmend an Bedeutung für die zukünftige Entwicklung von Rasenmischungen, da sie neue züchterische Möglichkeiten und agronomische Vorteile bieten.

 

Die Zukunft?

Obwohl sie erst vor geraumer Zeit auf dem Markt für Freizeit- und Sportanlagen eingeführt wurden, entwickeln sich tetraploide Mischungen und Blends in Großbritannien schnell zur ersten Wahl für die Renovierung und Reparatur von Natur- und Hybridrasenflächen. In Kombination mit diploiden Weidelgräsern sind sie zuverlässige Leistungsträger, die stets überzeugen. In England wurden sie als Teil des Gräser-Sortiments bei der Premier League für das „FA Pitch Improvement Programm“ ausgewählt. Tetraploide werden somit zur ersten Wahl (GREENKEEPING, 2017).

Diese neueren Sorten stellen einen wichtigen Entwicklungsschritt bei der Rasenenausprägung der Zukunft dar. Sie bieten höhere Resilienz, Vitalität und Stressresistenz, die idealen Eigenschaften in Zeiten des Klimawandels, steigender Flächenbelastung und Pflegeeinschränkungen. In Kombination mit diploiden Sorten können sie die Zukunft moderner, nachhaltiger Rasenmischungen entscheidend mitprägen.

 

Quellenhinweise:

 

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© Deutsche Rasengesellschaft e.V. (DRG)