RASENTHEMEN SEIT 1999

  • Themenfelder
  • Starke Gräser für den Sommer - tetraploide Sorten bei Rasengräsern

Rasenthema: Juli 2023

Autor: Dr. Klaus G. Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Starke Gräser für den Sommer - tetraploide Sorten bei Rasengräsern

 

Starke Gräser für hohe Nutzung

Auch bei veränderten Klimabedingungen nehmen die Qualitätsanforderungen an Rasengräser ständig zu. Dabei rücken zunehmend Eigenschaften wie Hitze- und Trockenverträglichkeit in das Blickfeld bei der Auswahl von Mischungen.
Für den Strapazierrasen gilt jedoch die Belastbarkeit (Wear Tolerance) als maßgebliches Kriterium, gerade wenn es um Nachsaaten geht. In den Profiligen werden mittlerweile höchste Anstrengungen unternommen, um während der gesamten Spielzeit eine vitale Rasenarbe zu präsentieren. Auch mit einer Tragschicht-Armierung bei den Hybridrasenflächen zählt die regelmäßige Nachsaat mit Spitzensorten von Lolium perenne zu den notwendigen Maßnahmen, um eine ausreichende Narbendichte zu erzielen.
Das Angebot von guten und sehr guten Sorten ist weitergewachsen, das zeigt die gerade erschienene Sortenliste Rasengräser 2023 vom Bundessortenamt.

 

Einzelgräser im Zuchtprogramm.
Abb. 1: Einzelgräser im Zuchtprogramm. Foto: K.G. Müller-Beck

 

Sortenliste Rasengräser für die rasche Übersicht

Die „Beschreibende Sortenliste Rasengräser“ des Bundessortenamtes enthält alle wichtigen Daten zu den Gräsereigenschaften, sodass dieses wichtige Hilfsmittel bei der Beurteilung von angebotenen Rasenmischungen unbedingt zu Rate gezogen werden sollte. Die aktuelle Ausgabe 2023 steht zum kostenlosen Download zur Verfügung (BUNDESSORTENAMT, 2023).

Neben den Gesamteignungsnoten, die auch in der FLL-Broschüre „Regel-Saatgut-Mischungen RSM“ genutzt werden, enthält die Sortenliste darüber hinaus eine Vielzahl an Prüfparametern, wie beispielsweise Narbendichte, Unkrautfreiheit, Vegetationsaspekt oder Krankheitsanfälligkeit, die somit Auskunft über die Qualität einer Rasensorte liefern.

 

Anzahl der Sorten und Eignungsnoten für den Strapazierrasen nach Bundessortenamt, 2023.
Tab. 1: Anzahl der Sorten und Eignungsnoten für den Strapazierrasen nach Bundessortenamt, 2023.

 

Die Einstufung der Sorteneigenschaften erfolgt anhand einer Skala von 1 (sehr geringe Eignung/ unerwünschte Merkmalsausprägung) bis 9 (sehr gute Eignung/ gewünschte, beste Merkmalsausprägung). Mit diesen Noten lassen sich die im Markt angebotenen Regenerations-Mischungen (RSM 3.2) oder Mischungen für die Neuansaat eines Sportrasens (RSM 3.1) bzw. eines Gebrauchsrasens (RSM 2.3) gut vergleichen. Spitzensorten haben ihren Preis, aber auch hier gilt: „Qualität zahlt sich aus!“ Die Verwendung von qualitativ hochwertigen Rasensorten und aufeinander abgestimmte Mischungen sind der wichtigste Grundstein bei der Neuanlage und der Regeneration von Sportrasenflächen.

 

Nachsaat zur Narbenverbesserung

Eine Verbesserung des Pflanzenbestandes oder die Förderung der Narbendichte bei Lückigkeit, erreicht man in der Regel durch die gezielte Nachsaat einer Regenerationsmischung RSM 3.2, mit leistungsfähigen Sorten aus dem Angebot der strapazierfähigen Grasart Lolium perenne (Deutsches Weidelgras).

 

Tetraploide Weidelgras-Sorten im Trend

Die Züchtung angepasster, modernen Rasengräser hat sich in den letzten Jahren drastisch verbessert, das wird an der Anzahl (43) der sehr guten Lolium perenne-Sorten sichtbar. Unter den veränderten Klimabedingungen rücken die tetraploiden Weidelgräser stärker in den Fokus für die Nutzung im Strapazierrasen. Insbesondere zur Verbesserung der Pflanzenbestände nach einer längeren Trockenheit bieten sich tetraploide Sorten von Lolium perenne für die Nachsaat an. Als Beispiele aus der Sortenliste sind zu nennen: DOUBLE/ TETRAGREEN/ neu TETRASPORT/ TETRABOOM/ TETRAFAN/ oder TETRAGON.

 

 

Tetraploide Lolium perenne-Sorte im Versuch.
Abb. 2: Tetraploide Lolium perenne-Sorte im Versuch. Foto: K.G. Müller-Beck

 

Durch die "Ploidie-Züchtung" wird der einfache Chromosomensatz von 2n = 14 (diploid) auf 4n = 28 (tetraploid) in den Zellen eines Weidelgrases angehoben. Neben dem natürlichen Vorkommen, können Pflanzenzüchter durch bestimmte Verfahren tetraploide Pflanzen erzeugen.
Die Chromosomen bestimmen die Eigenschaften der Pflanzen. So haben tetraploide Gräser vier Chromosomensätze pro Zelle und entwickeln daher tiefere Wurzeln und zeigen eine verbesserte Belastungstoleranz gegenüber diploiden Sorten. (WILTON, 2021). Diploide Pflanzen haben kleinere Zellen und damit mehr strukturelles Zellwandmaterial im Vergleich zu den tetraploiden Zellen, die größer sind, sodass die tetraploide Pflanze insgesamt einen höheren Gehalt an wasserlöslichen Kohlenhydraten (Zucker) aufweist.

 

Vorteile für die Rasenpraxis

Auf der Suche nach immer größerer Leistung der Gräser für den Strapazierrasen bieten die tetraploiden Sorten der Weidelgräser echten Fortschritt. Laut DLF (2023) ist die Stärke der tetraploiden Lolium perenne-Sorten von der Keimung an offensichtlich. Das Saatgut keimt rascher, auch bei niedrigeren Temperaturen
(> 4 °C), und läuft somit schneller auf. In der Bestockungsphase entwickeln sich stärkere Pflanzen, die den Boden schneller bedecken, ohne die Mischungspartner zu unterdrücken. Mit dieser aggressiven Jungpflanzenentwicklung entsteht eine starke Verdrängungskraft gegenüber der natürlichen Konkurrenz von Unkräutern
(WALL, 2019).

 

Untersuchung der Wurzeltiefe von tetraploidem Lolium perenne (li.) und diploidem Lolium perenne (re.) durch DLF International Seeds (WALL, 2019).
Abb. 3: Untersuchung der Wurzeltiefe von tetraploidem Lolium perenne (li.)
und diploidem Lolium perenne (re.) durch DLF International Seeds (WALL, 2019).

 

Unter dem Label 4turf® vermarktet DLF tetraploide Strapaziermischungen. Nach Angaben des Herstellers sind diese Mischungen extrem trockenheitsresistent und der Rasen benötigt weniger Wasser um grün zu bleiben. Dies wird mit einer verbesserten Wurzelarchitektur begründet, wodurch die natürlichen Wasserreserven effizienter genutzt werden können. Auch die Regenerationskraft bei einsetzendem Regen nach einer Dürreperiode, wird für die 4turf®-Sorten als vorteilhaft beschrieben.

Bezüglich Winterhärte und Krankheitsresistenz zeigen tetraploide Sorten von Lolium perenne in skandinavischen Versuchen deutlich bessere Ergebnisse als diploide.

 

Verbesserte Krankheitsresistenz Microdochium nivale) bei tetraploiden Lolium perenne Sorten (li.) gegenüber diploiden Sorten nach DLF in WALL (2019).
Abb. 4: Verbesserte Krankheitsresistenz (Microdochium nivale) bei tetraploiden
Lolium perenne Sorten (li.) gegenüber diploiden Sorten nach DLF in WALL (2019).

 

Fazit

Polyploide Pflanzen sind oftmals wüchsiger und robuster als die diploiden Varianten.
Tetraploide Weidelgräser zeichnen sich gegenüber diploiden durch einige Eigenschaften aus. Dazu zählen beispielsweise der stärkere Wuchs, größere-
Organe (Blätter, Triebe und Blüten), höhere Konkurrenzkraft in der Frühentwicklung,
sowie eine bessere Resistenz gegenüber Krankheiten.
Die tetraploiden Sorten eignen sich idealerweise für die Nachsaat, da ihr größeres Saatgut mehr Kraft für eine schnellere Etablierung bietet und sie somit konkurrenzfähiger gegenüber dem bestehenden Altbestand sind.
Sie haben eine bessere Stresstoleranz und erholen sich schneller nach extremen Temperaturen und Krankheitsbefall (DLF, 2023 a).

 

Quellenhinweise:

Zurück

© Deutsche Rasengesellschaft e.V. (DRG)