RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasen-Thema: Juli 2020

Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e. V.

 

Wirkungseigenschaften von „Wetting Agents“ sind unterschiedlich

 

Einleitung

Das Phänomen der Austrocknung von Böden und eine damit verbundene Hydrophobie sind weit verbreitet. Bedingt durch die trockenen Sommer der letzten Jahre sind auch die Rasenflächen auf Golf- und Sportanlagen besonders davon betroffen. Auf den sandreichen Golfgrüns sind es oft abgegrenzte Areale mit einer verminderten Wasseraufnahme, die dann als „Localized Dry Spots“ (LDS) bezeichnet werden. Das Beregnungswasser zieht nicht mehr in den Boden ein und läuft oberirdisch ab, dadurch reagieren die Gräser mit Welke-erscheinungen und in kritischen Fällen stirbt der Rasen ab.

 

Eng begrenzte Trockenstellen auf dem Golfgrün (LDS)
Abb. 1: Eng begrenzte Trockenstellen auf dem Golfgrün (LDS), Ausstich links und rechts erdfeucht, in der Mitte hydrophob.
(Foto K.G. Müller-Beck)

 

Die Ursachen für diese „Dry Spots“ können sehr vielschichtig sein. Aus Forschungsergebnissen lässt sich ableiten, dass es durch biologische Abbauprodukte im Boden zu einer Art Beschichtung (Coating) der einzelnen Sandkörner kommen kann, die dann im Substrat nesterweise wasserabstoßend (hydrophob) wirken (KARNOK et al., 2001). Als Auslöser für dieses Phänomen kommen u.a. Hexenringe oder Ausscheidungen anderer  bodenbürtiger Pilze und Bakterien in Betracht.

Der Einsatz von „Wetting Agents“ zur Wiederbefeuchtung der ausgetrockneten Bereiche ist in der Golfrasenpflege weit verbreitet. Zur Optimierung der Beregnungseffizienz nutzen in den USA über 90 % der Golfanlagen diese Maßnahme (XIONG et al., 2020). Die Verwendung von Wetting Agents verringert die Oberflächenspannung des Beregnungswassers, so dass eine Wiederbefeuchtung der hydrophoben Bereiche erfolgt. Die in den Produkten enthaltenen Wirkstoffe lassen sich in drei Gruppen von anionischen, kationischen und nichtionischen Tensiden gliedern (HENLE et al., 2007).

 

Schematische Darstellung der Wirkung von Wetting Agents auf die Oberflächenspannung von Wassertropfen
Abb. 2: Schematische Darstellung der Wirkung von Wetting Agents auf die Oberflächenspannung von Wassertropfen.
(Grafik K.G. Müller-Beck)

 

Aktuelle Forschungsergebnisse

In der Mai-Ausgabe 2020 der Zeitschrift Golf Course Management berichten die Autoren Xiong, und Anderson über die Unterschiede verschiedener Wetting Agents. Wichtige Kriterien bei der Beurteilung der Produkte sind die Wirkungen auf die Wasseroberflächenspannung, die Wasserinfiltration und auf die Wasserrückhaltung. Hierzu wurden 15 Produkte aus dem amerikanischen Markt untersucht (s. Tabelle1). Je nach Zielsetzung ist es demnach wichtig, die Eigenschaften der Produkte zu kennen, um eine optimale Auswahl zu treffen. Beispielhaft werden einige Ergebnisse aus dieser Untersuchung hier auszugsweise vorgestellt.

 


Tab. 1: Beschreibung der 15 ausgewählten und untersuchten „Wetting Agents“ aus der Studie USA.
(Quelle: GCM 5-2020)

 

Wetting Agent-Wirkung auf die Oberflächenspannung des Wassers

Wie beschrieben, kann die Verwendung von Wetting Agents die Oberflächenspannung des Wassers verringern, sodass damit ein Eindringen in hydrophobe Bodenschichten ermöglicht wird. In dem laborgestützten Experiment wurden 15 auf dem amerikanischen Rasenmarkt gebräuchliche Wetting Agentsl (Tabelle 1) mit Wasser in fünf Konzentrationen, nämlich: 4-, 2-, 1-, 0,5- und 0,25-fach der angegebenen Aufwandmengen, gemischt, bevor ihre Oberflächenspannung mit dem Tensiometer „Attention Theta Lite“ (Biolin Scientific) bestimmt wurde. Dieses Experiment wurde als vollständig randomisiertes Design mit zwei Faktoren (Wetting Agent/Konzentration) bei je drei Prüfgliedern und zwei Wiederholungen konzipiert.

 


Abb. 3: Ermittlung der Oberflächenspannung (Millinewton/Meter) von 15 Wetting Agents bei einer 4-, 2-, 1-, 0,5- und 0,25-fachen Menge der empfohlenen Applikationsrate. Als Referenzwert betrug die Oberflächenspannung von Leitungswasser im Untersuchungslabor 72,8 Millinewton/Meter.
(Quelle: XIONG und ANDERSON, GCM 5-2020)

 

Diese Ergebnisse legten nahe, dass alle getesteten Benetzungsmittel, unabhängig von der Konzentration, die Oberflächenspannung des Wassers erheblich reduzierten, was auf eine verbesserte Infiltration in eine hydrophobe Bodenoberfläche hinweist (Abbildung 3). Es zeigte sich ein Trend, dass eine niedrigere Oberflächenspannung im Allgemeinen mit höheren Konzentrationen desselben Produkts verbunden ist. In früheren Untersuchungen konnte eine negative Korrelation zwischen der Oberflächenspannung und der hydraulischen Leitfähigkeit für eine bestimmte Mischung von Wetting Agents beschrieben werden (SONG et al., 2014). Daher ist es wahrscheinlich, dass ein Benetzungsmittel, das eine verhältnismäßige höhere Oberflächenspannung erzeugt, eher eine relativ geringere Infiltration in hydrophoben Boden bewirkt.

 

Wetting Agent-Wirkung auf die Wasserinfiltration

Im Labor wurden im Weiteren sechs Wetting Agents auf ihre Wirkung auf die Wasserinfiltration in hydrophoben Sanden getestet. Die ausgewählten Produkte waren H2O Maximizer (KALO), TriCure AD (Mitchell Products), Capacity (Becker Underwood), Aqueduct (Aquatrols), Primer Select (Aquatrols) und InfilTRx (Aquatrols).

Sande, die der USGA-Spezifikation für Grünsaufbauten entsprechen, wurden im Labor mit Octadecylamin behandelt, um eine konstante Hydrophobie bei 7,2 molar (basierend auf der Molarität des Ethanol-Tropfentests) zu erzeugen. Dieser Grad an Hydrophobie wird als stark wasserabweisend eingestuft. Der Sand wurde dann gleichmäßig in ein Infiltrationssystem aus PVC-Rohren eingefüllt. Die Infiltrationsrate der ausgewählten Wetting Agents wurde mit den empfohlenen Aufwandmengen ermittelt. Dieses Experiment wurde ebenfalls in einem vollständig randomisierten Design angelegt.

 


Abb. 4: Wasser-Infiltrationsrate von sechs ausgewählten Wetting Agents in einem hydrophoben Sand. Die reine Wasser-Behandlung drang nicht in den hydrophoben Sand ein, daher wurde keine Infiltration erzeugt. (Quelle: XIONG und ANDERSON, GCM 5-2020)

 

Alle Wetting Agents wurden mit ihren höchsten angegebenen Aufwandmengen getestet. Innerhalb von 30 Minuten nach dem Auftragen und 10 Minuten nach dem Eintauchen in ein Wasserbecken erreichten alle ausgewählten Wetting Agents eine gleichmäßige Infiltrationsrate (Abbildung 4). Die konstanten Infiltrationsraten von „Capacity“ und „Aqueduct“ erreichten 27 mm/Min., während die anderen vier Produkte eine konstante Rate von 24 bis 25 mm/Min. aufrechterhielten. Alle Ergebnisse übertrafen die Mindestwerte nach USGA-Standard für die gesättigte, hydraulische Leitfähigkeit von 2,5 mm/Min. Unter den Testbedingungen war Leitungswasser allein nicht in der Lage, in diesen stark hydrophoben Sand einzudringen, daher wurden keine Infiltrationsdaten vorgelegt.

 

Wetting Agent-Wirkung auf die Wasserrückhaltung

Die Wasserrückhaltung eines Bodensubstates wird in hohem Maße von den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Bodens, wie Textur, Porosität und Gehalt an organischer Substanz, beeinflusst. Wenn ein Wetting Agent-Gemisch auf einen hydrophoben Boden aufgebracht wird, so wird der Einfluss auf die Wasserretention des Bodens durch die Funktion der chemischen Eigenschaften des Produktes definiert.

Für das Experiment wurden Sande von einem USGA-Grün aus den Bereichen mit offensichtlichen LDS-Symptomen entnommen. Nach der Entfernung von Pflanzenresten wurden die Sande gründlich gemischt, getrocknet und für eine spätere Verwendung gelagert. Anhand des Ethanol-Tropfentests wurde festgestellt, dass die Hydrophobie des Sandes 3,4 molar war, was als sehr schwerwiegend gilt. Die organische Substanz des Sandes wurde mit 1,73 Gew.-% bestimmt. Aufgrund der Körnungsanalyse der Sande wurde ein Gesamtporenvolumen von 43,9 %, ermittelt, wobei der Anteil der Grobporen (Luft) bei 19,4 % lag.

 

Abgeschätztes pflanzenverfügbares Wasser (%) bei 15 untersuchten Wetting Agents

Abb. 5: Abgeschätztes pflanzenverfügbares Wasser (%) bei 15 untersuchten Wetting Agents. Die mit unterschiedlichen Buchstaben beschrifteten Balken unterscheiden sich signifikant voneinander. (Quelle: XIONG und ANDERSON, GCM 5-2020)

 

Die Ergebnisse zeigten, dass die 15 evaluierten Wetting Agents ein breites Spektrum an pflanzenverfügbarem Wasser lieferten - zwischen 13,3 % und 5,5 % (Abbildung 5).In der Null-Variante konnte Leitungswasser allein das Sandprofil aufgrund der Hydrophobie nicht sättigen.

Auf der Grundlage des berechneten pflanzenverfügbaren Wassers lassen sich die 15 getesteten Wetting Agents in drei Gruppen einteilen. Die erste Gruppe umfasst InfilTRx, H2O-Maximizer, Hydro-Inject und Primer Select, deren pflanzenverfügbares Wasser etwa zwischen 11 % und 13 % liegt. Die zweite Gruppe besteht aus Wetting Agents, die mäßige Mengen an pflanzenverfügbarem Wasser zwischen 7 % und 9 % erzeugen, und die letzte Gruppe umfasst Hydro-Wet, Tournament-Ready und Cascade Plus mit einem relativ geringen pflanzenverfügbaren Wassergehalt von 6,5 % oder weniger.

 

Schlussfolgerung

Mit diesen aktualisierten Forschungsergebnissen zu Wetting Agents wird einmal mehr deutlich, dass aufgrund der chemischen Eigenschaften sehr unterschiedliche Auswirkungen beim Einsatz der verschiedenen Produkte zu erwarten sind.

Die Anwender sollten, mit Blick auf ihre spezifischen Ziele, die geeigneten Wetting Agents auswählen. Praktische Test-Methoden, wie der „Water Droplet Penetration Test (WDPT) zur Beurteilung der Stärke der Hydrophobie oder die Messung der Wasserinfiltration nach Anwendung von Wetting Agents mit der Doppelring-Infiltrations-Methode, liefern nützliche Bewertungskriterien.

 

Literatur

  • HENLE, W., C. HORN, J. MORHARD, H. SCHULZ, U. THUMM und W. CLAUPEIN, 2007: Hydrophobe Böden, Local Dry Spots (LDS) und die Bekämpfung mit Wetting Agents, Z. Rasen-Turf-Gazon, 4-2007.
  • KARNOK, K.J., and K.A. TUCKER. 2001. Wetting agent treated hydrophobic soil and its effect on color, quality and root growth of creeping bentgrass. International Turfgrass Society Research Journal 9:537-541.
    http://kkarnok.com/pubs/WettingAgentTreatedHydrophobicSoils.pdf
  • SONG, E., J.G. SCHNEIDER, S.H. ANDERSON, K.W. GOYNE and X. XIONG. 2014. Wetting agent influence on water infiltration into hydrophobic sand: II. Physical properties. Agronomy Journal 106:1879-1885. doi:10.2134/agronj14.0153
  • XIONG,X. and S.H. ANDERSON, 2020: Wetting agents: Differences and implications for best use.
  • GCM 5-2020, www.gcmonline.com/research/news/wetting-agent-differences

 

Autor

Dr. Klaus G. Müller-Beck,
Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.
48291 Telgte
E-Mail: klaus.mueller-beck@t-online.de

 

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