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Rasenthema: Januar 2024

Autor: Dr. Klaus G. Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Wurzelhorizont des Rasens fördert individuelles Mikrobiom

 

Definition „Mikrobiom“

Rasengräser entwickeln sowohl in der oberirdischen Rasennarbe mit der Blattmasse, als auch im Wurzelhorizont, in Verbindung mit Boden und Mikroorganismen, eine dynamische, individuelle Mikroben-Population. Aktuell werden vielfältige Forschungsprojekte zur Bestimmung der Mikroorganismen und zur Erfassung der auftretenden Wechselwirkungen im Vegetationshorizont bearbeitet (MÜLLER-BECK, 2023).
Die Redaktion Pflanzenforschung.de (eine Initiative des BMBF), beschreibt auf der Website die charakteristischen Eigenschaften zum Begriff „Mikrobiom“ bzw. „Mikrobiota“ als Synonym. Dabei handelt es sich um die Gesamtheit aller Mikroorganismen (mikrobielle Gemeinschaft) eines spezifischen Lebensraums. Dies können beispielsweise alle Mikroorganismen sein, die einen anderen Organismus wie den Menschen, die Pflanzen oder den Boden besiedeln (PFLANZENFORSCHUNG.DE, 2023).

Um dies zu untersuchen, nutzt man ein Forschungsgebiet, das die genetischen Informationen der Mikroorganismen analysiert. Dies ist erforderlich, da sich viele der Mikroorganismen nicht im Labor kultivieren und somit genauer untersuchen lassen. Durch diese im natürlichen Habitat gewonnen genetischen Informationen erarbeiten Wissenschaftler qualitative und quantitative Einblicke in die Lebensweise der Mikroorganismen. Gleichzeitig können durch umfassende Sequenzierungen des Mikrobioms auch neue Gene z. B. für technische Anwendungen identifiziert werden (BMBF, 2023).

 

Schematische Darstellung der Bodenzusammensetzung eines Wurzelhorizontes unter Rasen.
Abb. 1: Schematische Darstellung der Bodenzusammensetzung eines Wurzelhorizontes unter Rasen.
(Foto u. Bearbeitung: K.G. Müller-Beck)

 

Förderung Bodengesundheit

Die Vielfältigkeit und Ausgewogenheit eines Mikrobioms werden durch verschiedene Parameter, wie pH-Wert, Feuchtigkeit oder Sauerstoffgehalt beeinflusst. Auf einem gesunden Boden wimmelt es von Bakterien, Pilzen, Algen, Protozoen, Nematoden und anderen winzigen Kreaturen. Diese Organismen spielen eine wichtige Rolle für die Pflanzengesundheit. Bodenbakterien produzieren natürliche Antibiotika, die Pflanzen helfen, Krankheiten zu widerstehen. Pilze unterstützen Pflanzen bei der Aufnahme von Wasser und Nährstoffen. Zusammen mit den Wurzeln sind diese Bakterien und Pilze als "organische Substanz" bekannt. Je mehr organische Substanz in einer Bodenprobe enthalten ist, desto gesünder ist dieser Boden (RODALE INSTITUTE, 2023).

 

Messung der Bodenatmung

Als Bodenatmung wird die Sauerstoff(O2)-Aufnahme und/oder die Kohlenstoffdioxid(CO2)-Abgabe der Bodenorganismen bezeichnet (DUNGER u. FIEDLER 1997). Sie führt dazu, dass der CO2-Gehalt der Bodenluft ansteigt und der O2-Gehalt abnimmt. Aufgrund der unterschiedlichen Partialdrücke dieser Gase findet dann an der Bodenoberfläche ein Gasaustausch zwischen Bodenluft und Atmosphäre statt. Da der Partialdruck von CO2 in der Bodenluft höher ist als in der Atmosphäre, diffundiert CO2 an der Bodenoberfläche in die Atmosphäre (ANONYMUS, 2023). Diese CO2-Abgabe kann quantitativ bestimmt werden.
Der überwiegende Teil der (Bodenorganismen gewinnt die notwenige Energie für die Entwicklung, Wachstum und Vermehrung aus der Oxidation organischer Verbindungen. Dieser Prozess wird als Atmung oder Dissimilation bezeichnet. Dabei werden Kohlenhydrate (Glucose) i.d.R. unter Sauerstoffverbrauch (= aerob) zu Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasser bei gleichzeitiger Freisetzung von Energie abgebaut. Die Menge des freigesetzten CO2 gilt als Maß für die Intensität der Atmungs- und Lebensprozesse (ANONYMUS, 2023).
Messungen der Bodenatmung sind weit verbreitet, um die biologischen Eigenschaften des Bodens zu bestimmen, die mit der mikrobiellen Ökologie des Bodens und der Bodengesundheit zusammenhängen.
Über ein neueres Verfahren zur Messung der Bodenatmung (CO2) in Abhängigkeit von Biomasse und Bodenaktivität berichten GYAWALI et al. (2019).
Die derzeitigen Methoden zur Messung der Bodenatmung erfordern entweder teure Geräte oder verwenden einzelne Punktmessungen, die nur eine begrenzte Genauigkeit aufweisen und die zugrunde liegende Reaktionsdynamik vernachlässigen.

 

Messaufbauten
Abb. 2: Messaufbauten für: (a) SMAAC-Biomassensubstrat-induzierte Atmungsmessung (SIR); (b) SMAAC-Feldflussmessung mit SMAAC, das sich gleichzeitig in der LI-COR 8100 Probenahme-Kammer befindet; (c) SMAAC-Feldflussmessung mit SMAAC unabhängig von der LI-COR-Einheit und (d) SMAAC-Burst-Labor- CO2-Burst-Messung (GYAWALI et al., 2019).

 

Um diese Nachteile zu vermeiden, wurde ein kostengünstiges Gerät zur Messung von CO2 entwickelt, das SMAAC (Soil Microbial Activity Assessment Contraption). Diese Apparatur wurde mit einem handelsüblichen Infrarot-Gasanalysator (IRGA) verglichen. Dabei wurde der Boden in verschiedenen Konfigurationen analysiert, wobei zwei unterschiedliche Bewirtschaftungsmethoden angewandt wurden. Der SMAAC lieferte für alle drei getesteten Konfigurationen übereinstimmende Messwerte mit dem handelsüblichen IRGA-Gerät, was zeigt, dass der SMAAC als kostengünstiges und dennoch genaues Instrument zur Messung der Bodenatmung und der mikrobiellen Aktivität gut geeignet ist (GYAWALI et al. (2019).

 

Ermittlung eines Aktivitäts-Index

Das Unternehmen BIOTREX bietet eine neue, vielversprechende Methode zur Bestimmung der Aktivität von Mikroorganismen im Boden an. Der innovativer Prüfservice BIOTREX konzentriert sich auf die mikrobielle Vielfalt und Vitalität in Böden und organischen Materialien. Er wurde in Japan entwickelt und startete im Jahre 2022 mit einem Untersuchungs-Angebot für Europa in Polen (BIOTREX, 2023).

Das Verfahren erfasst die Aktivität und Vielfalt der gesamten mikrobiellen Gemeinschaft im Boden. Bei der eingesetzten Technik wird eine Mikroplatte mit verschiedenen Kohlenstoffquellen verwendet. Die Bodensuspension wird auf diese Platte aufgebracht, und anschließend ermittelt man, in welcher Zeit die Mikroben-Gemeinschaft im Boden (einschließlich Bakterien und Pilze) die jeweiligen Kohlenstoffquellen verstoffwechseln. Dieser Prozess wird über 48 Stunden kontinuierlich durchgeführt, um die Leistungsfähigkeit zu simulieren. Das Ergebnis wird als eine einzige Zahl, dem BIOTRX-Score, dargestellt (BIOTREX, 2023).

 

Mikroplatten zur Ermittlung der Aktivität und Vielfalt der gesamten mikrobiellen Gemeinschaft eines Bodens.
Abb. 3: Mikroplatten zur Ermittlung der Aktivität und Vielfalt der gesamten mikrobiellen Gemeinschaft eines Bodens. (BIOTREX, 2023).

 

Forschungsergebnisse zum Rasen

In einer aufwendigen Dissertation an der University of London, wurde zum Thema „Angewandte Methoden zur Untersuchung der Mikroorganismen im Boden von Golfplätzen“ geforscht und spannende Ergebnisse berichtet (BAYLIS, 2019).
In der Arbeit werden sowohl der Versuchsaufbau und die angewandten Analyse-Methoden (Phospholipid-Fettsäure-Analyse = PLFA und DNA-Analyse) dargestellt.

Dabei wurde nachgewiesen, dass sich die Mikroben-Gemeinschaften auf Golfplätzen sowohl zwischen den Grüns als auch zwischen den untersuchten Plätzen unterscheiden, und zwar sowohl durch die Analyse von Phospholipid-Fettsäuren (PLFA) als auch durch Illumina-Sequenzierung.
Ein signifikanter Anteil dieser Sequenzierungen konnte nicht auf Arten-Niveau identifiziert werden, das bedeutet, die Mikroben-Gemeinschaften sind einzigartig und sie enthalten noch nicht beschriebene Arten (BAYLIS,2019).
Auf diesem Sektor wird derzeit ein weites Forschungsgebiet neu entwickelt.
Weitere Untersuchungsergebnisse zeigen die Beeinflussung der Zusammensetzung der jeweiligen Mikroben-Gemeinschaften durch die Bodenart, die Nähe zur Küste, das Alter und den Standort. Aber auch die Verwendung von Biostimulanzien und mikrobiellen Inokulanzien sowie die Anzahl der verwendeten Fungizid-Wirkstoffe beeinflussen nachweislich die Mikroben-Populationen (BAYLIS,2019).

Rasengräser bilden mit Wurzeln, Boden und Mikroorganismen, eine dynamische, dauerhafte Vegetationsdecke zur Erhaltung der Gräser-Vitalität und Förderung der Bodengesundheit.

 

Quellenhinweis:

 

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