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Rasenthema: August 2023

Autor: Dr. Klaus G. Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Wieviel Wasser benötigt ein Rasen für das Wachstum?

 

Verunsicherung bei der Rasenberegnung

Die Diskussion zum Einsatz von Beregnungswasser für die Erhaltung von Rasenflächen ist sicherlich nicht neu. Dem Zeitgeist folgend, werden zunehmend in kürzeren Statements, aber auch in ausführlichen Beiträgen der Printmedien Rasenflächen als Quelle der Wasserverschwendung dargestellt. Derartige Veröffentlichungen erwecken in der Gesellschaft bewusst den Eindruck, dass ein Stück Rasen eher überflüssig sei und somit als Luxus einzustufen ist.

Die Wochenzeitschrift DIE ZEIT titelte in der Ausgabe 31 vom 20. Juli 2023 mit einer ganzseitigen Titelbild-Anzeige: „Hat der Rasen eine Zukunft?“

Für mich gibt die Autorin Stefanie Flamm selbst die richtige Antwort, nämlich „ja“; denn mit Ihrem Untertitel: „Er ist uns Liegewiese, Grillteppich und Fußballgrün. Es macht Freude, ihn zu pflegen. Nur ist er neuerdings so komisch gelb“, kommt klar zum Ausdruck, was die Gartenbesitzer von Ihrem Rasen erwarten. Für die Autorin gibt es ein Zwischenfazit: „Es bleibt also kompliziert“.

 

Niederschläge werden im Regenmesser in mm gemessen, das ist gleich l/m².
Abb. 1: Niederschläge werden im Regenmesser in mm gemessen, das ist gleich l/m².
(Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Trotz der wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Bedeutung von Grünflächen, insbesondere im urbanen Raum, wird nun die Bewässerung von Rasenflächen oftmals als unnötig und somit als verwerflich bei der Nutzung der Ressource Wasser für diesen Zweck eingestuft. Einschränkungen hinsichtlich einer zugeteilten Wassermenge sind häufig die Folge, wenn in Trockenperioden zunehmend Trinkwasser für die Beregnung von Hausgärten bzw. Grünflächen verwendet werden. Zukünftig sollten alternative Wasserquellen wie Brauchwasser oder Grauwasser verstärkt für die notwendige Wasserversorgung der Pflanzen genutzt werden. Hierzu berichtete DER SPIEGEL im Titel-Thema „Wasser“ in seiner Ausgabe Nr. 30 vom 22.7.2023. Dort wird auf das realistische Verfahren bei den Kölner Stadtentwässerungsbetrieben zur vierten Reinigungsstufe gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie eingegangen, hier heißt es: „Mit dem Wasser können wir Bäume, Sträucher und Wiesen gießen.“

 

Fakten zum Wasserverbrauch

Der Wasserverbrauch in Deutschland beläuft sich auf 32,3 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Das sind etwa zwei Drittel des Volumens des Bodensees. Nach Angaben von TEST-WASSER (2023) ergibt sich folgende Nutzung für Deutschland:

  • Wärmekraftwerke = 64 %
  • Industrie = 23 %
  • Haushalte = 9 %
  • Landwirtschaft = 4 %

Laut Umwelt Bundesamt nutzt im Schnitt jede Person in Deutschland täglich knapp 130 Liter Trinkwasser im Haushalt (UBA, 2023). Aus den jeweiligen Statistiken geht hervor, dass der tägliche Trinkwasserverbrauch in Deutschland im Jahre 2021 bei 127 Liter/Person/Tag lag. Auf den Bereich Garten inkl. Raumreinigung entfallen demnach 6 % (Abbildung 2), das entspricht einer durchschnittlichen Jahresmenge von 2,7 m³ für Garten und Reinigung im Vergleich zu ca. 46 m³ Gesamtverbrauch (BDEW, 2022).

 

Trinkwasserverwendung im Haushalt 2021.
Abb. 2: Trinkwasserverwendung im Haushalt 2021. Durchschnittswerte bezogen auf die
Wasserabgabe an Haushalte und Kleingewerbe, relative Anteile bei einer Trinkwassernutzung
von 127 Liter/Kopf/Tag
. (UBA, 2023)

 

Grundsätzliche Kriterien für Pflanzenwachstum

Die Basis für ein aktives Gräserwachstum wird durch den Boden definiert. Dabei spielt im Hinblick auf die Wasserversorgung der Gräser ein ausgewogenes Porenvolumen eine wichtige Rolle. So soll einerseits das natürliche Niederschlagswasser rasch aufgenommen werden, und andererseits in den Fein- und Mittelporen für einen längeren Zeitraum gespeichert werden, damit sich die Gräserwurzeln aus diesem Vorrat bedienen können. Erst wenn die Vorräte verbraucht sind, erscheint eine Zusatzbewässerung sinnvoll, um den Gehalt der Bodenfeuchte mit pflanzenverfügbarem Wasser auf ein definiertes Maß anzuheben. An trockenen, sandreichen Standorten tritt eine Mangelsituation früher auf, als bei bindigen Böden. Für den Fachmann stehen heute vielfältige Messmöglichkeiten bei der Pflege von Profi-Rasenflächen zur Verfügung (Golf- und Sportplätze sowie Liegewiesen).
Eine komplette Austrocknung der Böden führt oft zur Hydrophobie, sodass spätere Niederschläge nicht in den Boden eindringen, sondern zu einem erheblichen Teil oberflächig ablaufen.

 

Evapotranspiration ein natürlicher Vorgang beim Rasen

Allgemein spricht man vom "Wasserverbrauch", ohne weiter zu differenzieren. Im Sinne der Pflanzenphysiologie wird die Menge an Wasser, die von den Gräserwurzeln aufgenommen wird, für die Aufrechterhaltung des Stoffwechsels benötigt, um dann von den Pflanzen über Blätter und Halme zur Steuerung der Umgebungstemperatur, wieder an die Atmosphäre abgegeben wird. Diesen Vorgang nennt man Transpiration, er wird aktiv von den Gräsern durch das Öffnen der Stomata (Spaltöffnungen des Blattes) gesteuert. Wasserverbrauch schließt aber auch das Wasser ein, das aus dem umgebenden Boden direkt verdunstet, dies nennt man Evaporation. Eine Fläche ohne Rasen verdunstet folglich das Bodenwasser unproduktiv und trocknet aus.
Die kombinierte Verdunstung aus Boden und Pflanze wird als Evapotranspiration (= ET) bezeichnet und in der Regel in mm pro Zeiteinheit (mm/Tag) gemessen. Diese ET-Werte werden zur Bestimmung des notwendigen Wasserbedarfs entweder durch Regen oder durch Bewässerung herangezogen. An dieser Stelle wird deutlich, dass es keinen einheitlichen Wert für den Wasserverbrauch von Rasen geben kann.

 

ET-Werte als Orientierung für die Beregnung

Rasen-ET hängt von zahlreichen Faktoren, wie den klimatischen Bedingungen, dem Bodenwassergehalt, der Pflegeintensität (z. B. Schnitthöhe, Düngemenge) sowie den ausgewählten Gräser-Arten und Sorten ab. Typische ET-Raten für „Kaltzonen-Gräser“ liegen zwischen 3 und 8 mm/Tag und für „Warmzonengräser“ zwischen 2 und 5 mm/Tag (HUANG, 2006). ET-Werte können direkt im Pflanzenbestand oder indirekt über Klimaparametern einer Wetterstation ermittelt werden.
Die Kenntnis und Einschätzung des kritischen, pflanzenphysiologischen Zustands der Gräser (Welke) und der Bodenfeuchte der verschiedenen Bodenarten, sind ebenfalls wichtige Kriterien für die Planung des Bewässerungszeitpunktes und der notwendigen Wassermenge, um den Wasserverlust durch Evapotranspiration durch Beregnung auszugleichen.

 

Durchschnittliche ET-Werte (Evapotranspiration) für ausgewählte Rasengräser der Kaltzonen in Abhängigkeit vom Temperaturverlauf für USA.
Abb. 3: Durchschnittliche ET-Werte (Evapotranspiration) für ausgewählte Rasengräser
der Kaltzonen in Abhängigkeit vom Temperaturverlauf für USA, LEINAUER, 2020.
(Bearbeitung: K.G. Müller-BeckE)

 

NONN (2023) nennt für die verwendeten Gräserarten (Deutsches Weidelgras, Rotschwingel und Wiesenrispe) bei Rasensportanlagen, Park- und Hausrasen in unseren Breiten eine Verdunstung (Evapotranspiration) bei ca. 25-30 °C zwischen 3-5 mm (= l/m²) pro Tag.
Diese Angaben werden auch in der Norm, DIN 18035-2 Sportplätze – Beregnung und in der Bewässerungsrichtlinie der FLL sowie im Fachbuch Bewässerung im Garten- und Landschaftsbau zugrunde gelegt.

 

Beispielrechnung

Bei einem normgerechten Fußball-Spielfeld mit einer Flächengröße von 7.630 m², bedeutet das bei einer Verdunstungsrate von 4 mm/Tag ein Wasserverbrauch von etwa 30 m³ pro Tag. Sobald die Wurzeln kein Wasser im Boden mehr aufnehmen können, dieses hängt von der Bodenart und der Durchwurzelungstiefe ab, wird wurzeltief bewässert.
Nach diesem Beispiel lassen sich für jede Rasengröße geeignete Näherungswerte für den täglichen bzw. wöchentlichen Wasserverbrauch ermitteln.
Jüngere Forschungsergebnisse zeigen, dass alle Rasengräser für einen bestimmten Zeitraum auch mit weniger als 100 % ET-Bewässerung überleben.

Die zukünftige Frage sollte also lauten: „Mit wie wenig Wasser können Gräser überdauern?“

 

Quellenangaben

 

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