Rasen-Thema: August 2020
Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e. V.
Rasenfilz speichert Kohlenstoff im Wurzelhorizont von Rasenflächen
Einleitung
Die Eigenschaften der unterschiedlichen Rasentypen werden vornehmlich aufgrund der optischen Wahrnehmung (Zierrasen), der sportlichen Funktionalität (Sportrasen), oder der Biodiversität (Landschaftsrasen) beurteilt. Geeignete Gräsermischungen liefern hier die Voraussetzungen für höchste Ansprüche.
Bei der Betrachtung der ökologischen Leistungen von Rasenflächen kommt es jedoch verstärkt auf die Bewertung weiterer Kriterien an, wie Sauerstoffproduktion, Kühlungseffekte, Staubbindung oder die Reduzierung von CO2 in der Luft durch Festlegung des Kohlenstoffs im Rasenboden. In der Rasenpflege gilt die Anreicherung von Rasenfilz oft als kritisch und negativ bei der Beurteilung der Rasenqualität. Durch geeignete Pflegemaßnahmen sollte eine Balance zwischen Stoffproduktion und dem Abbau von Rasenfilz angestrebt werden, damit es nicht zu Beeinträchtigungen bei der Spielqualität kommt.
Darst. 1: STÜRMER-STEPHAN et al. (2019) beschreiben ein schematisches Rasenprofil
mit einer Horizontbildung (von oben): Grüne Vegetationsschicht, Filzschicht (Thatch),
Übergangszone (Mat) und Rasentragschicht (TURGEON, 1996, verändert).
Was ist Rasenfilz
Rasenfilz besteht aus einer Schicht von abgestorbenem und teilweise zersetztem organischen Pflanzenmaterial, das sich zwischen dem Boden und der grünen Rasenvegetation befindet (s. Darstellung 1). Dieser Thatch besteht hauptsächlich aus dem Übergangsbereich zwischen Wurzeln und Spross (Bestockungszone), mit Stängeln, Blattscheiden, Ausläufern, flachen Wurzeln und weniger aus Blattresten. Der Ligningehalt in diesen eher braunen Pflanzenteilen ist höher als in der grünen Blattmasse, sodass der mikrobielle Abbau langsamer verläuft. Wenn sich der untere Teil des Rasenfilz mit dem Boden vermischt, z.B. durch Regenwürmer oder durch Sand-Topdressing und dabei der Stoffabbau fortschreitet, so entsteht eine bestimmte Schicht aus stark zersetzter organischer Substanz, die als "Mat" bezeichnet wird. Der Abbau von Rasenfilz zu Mat ist wünschenswert, da dieses Material mehr Wasser und Nährstoffe aufnehmen kann und somit im Vergleich zum Filz bessere Eigenschaften hat.
Kohlenstoffbindung im Rasen
Durch die Fotosynthese der Rasengräser wird CO2 aus der Luft aufgenommen und als Kohlenstoff in der Pflanze gebunden. Dies kann zur Reduzierung des atmosphärischen CO2-Gehaltes beitragen, und gleichzeitig die Verbesserung der Bodengesundheit und die Erhöhung der Rasenqualität fördern. Die Stoffproduktion bezieht sich nicht nur auf den oberirdischen, sichtbaren grünen Teil des Rasens sondern auch auf die Bildung von Ausläufern, Stängeln und Wurzeln, wie oben beschrieben. In diesen Pflanzenteilen wird Kohlenstoff gespeichert. Der „CO2 –Footprint“ von unterschiedlich gepflegten Rasentypen rückt deshalb verstärkt in den Fokus der Wertigkeit von Rasen im Allgemeinen.
Wissenschaftliche Untersuchungen zur Beurteilung des Potenzials der Kohlenstoff-Sequestrierung von gepflegtem Rasen, gewinnen zunehmend an Bedeutung.
In einer amerikanischen Studie berichtet SAHU (2008) zusammenfassend über folgende Einschätzungen. „Es gibt ein Potenzial für eine signifikante Kohlenstoffbindung in Rasenflächen wie beispielsweise Hausrasen oder Golf- und Sportrasen, vorausgesetzt, sie werden sachgerecht gepflegt.“
Abb. 1: Bodenkerne aus einer Rasentragschicht mit „Thatch“- und „Mat-Horizont“.
(Foto: K.G. Müller-Beck)
Gepflegte Rasenflächen sequestrieren oder speichern erhebliche Mengen an Kohlenstoff, wobei viermal mehr Kohlenstoff aus der Luft aufgenommen wird, als vom Motor eines typischen Rasenmähers erzeugt wird (SAHU, 2008).
Dies ist ein deutlicher Vorteil, der über die zahlreichen anderen Leistungen der Rasengräser hinausgeht. Die Studie zeigt darüber hinaus, dass die Kohlenstoffbindung von Rasengräsern durch geeignete Pflegemaßnahmen optimiert werden kann, dazu zählen:
- Regelmäßiges Mähen in der angemessenen Schnitthöhe.
- Düngung durch Nährstoffe, die aus dem Schnittgut zurückgeführt werden.
- Verantwortungsbewusstes Bewässern und Vermeidung von Störungen in der Wurzelzone.
Abb. 2 a) b) c): Bodenprofile von Rasenböden mit unterschiedlich ausgeprägten Filzhorizonten (Thatch/Mat) in
Abhängigkeit von Gräserarten und Alter des Rasens. (Fotos: K.G. Müller-Beck)
Aktuelle Forschungsergebnisse
In der jüngsten Ausgabe des ETS-Newsletters (2-2020) wird über die Veröffentlichung zum Thema: „Carbon accumulation of cool season sports turfgrass species in distinctive soil layers“ berichtet. Der Beitrag erschien im Rahmen der 7. ETS-Konferenz in der Zeitschrift Agronomy Journal. Auf der Grundlage der Doktorarbeit von M. Evers, Inhaber des Instituts „Lumbricus“ in den Niederlanden, werden insbesondere die unterschiedlichen Horizonte einer Rasentragschicht mit „Thatch“, „Mat“ und mineralischen Anteilen betrachtet.
Das Ziel der durchgeführten Studie war es, den Gehalt an Boden-C zu vergleichen, der von neun „Cool Season“ Gräsern als Monokultur und von zwölf Mischungen mit unterschiedlichen Grasarten während der ersten drei Jahre bis zur Etablierung akkumuliert wird (EVERS et al. 2020).
„Thatch“, „Mat“ und weitere Bodenhorizonte wurden beprobt und die Dicke dieser Schichten wurde in einer Feldstudie, die in den Niederlanden durchgeführt wurde, quantifiziert. Von diesen Proben wurden Trockensubstanz, C- und N-Konzentrationen und das C/N-Verhältnis gemessen.
Festuca rubra spp. und Poa pratensis hatten eine dickere Filzschicht als Lolium perenne, Festuca arundinacea, Festuca ovina, und Agrostis stolonifera. Lolium perenne hatte einen dickeren Mat-Horizont als Festuca rubra spp..
Mischungen von Grasarten und Unterarten scheinen bei der Dicke von Rasenfilz und Mat stärker zu variieren als die Monokulturen. Das gilt auch für die Gesamtdicke beider Schichten zusammen. Die Dicke der Filzschicht, aber nicht die Stärke des Mat-Horizontes korrelierte mit der C-Akkumulation im Boden. Diese Anreicherung im Oberboden bis zur Tiefe von 20 cm war abhängig von den Arten.
Die höchste Menge an akkumuliertem C wurde für Festuca rubra spp. als Monokultur ermittelt. Dagegen wurde die geringste C-Menge in Böden mit Lolium perenne gefunden. Rasenfilz von Festuca rubra spp. zeigte eine hohe C-Akkumulation mit hohen C- und N-Konzentrationen, während in den Monokulturen von Lolium perenne und Poa pratensis eine geringe C-Akkumulation im Zusammenhang mit niedrigen C- und N-Konzentrationen stand.
Nur für Festuca rubra spp. und Poa pratensis erklärten die C/N-Verhältnisse teilweise die Variation der C-Akkumulation mit der Bodentiefe.
Nach EVERS et al (2020) wurde die größte pflanzliche C-Anreicherung, ausgedrückt in mg/cm², und die größte Variation zwischen den Grasarten im Thatch-Horizont gefunden, dies korrelierte gut mit der Filzdicke.
Literatur
- EVERS M, H. de KROON, E. VISSER and H. de CALUWE, 2020: Carbon accumulation of cool season sports turfgrass species in distinctive soil layers. Agronomy Journal. 2020;1–15.
https://doi.org/10.1002/agj2.20231 - SAHU, R., 2008: Technical Assessment of the Carbon Sequestration Potential of Managed Turfgrass in the United States.
http://multivu.prnewswire.com/broadcast/33322/33322cr.pdf - STÜRMER-STEPHAN, B. und J. MORHARD, 2019: Rasenfilz – Ergebnisse einer Literaturauswertung. Z. Rasen-Turf-Gazon, 01-2019.
www.golfmanager-greenkeeper.de/fileadmin/content/Importe_gk_ra/2019/ra0119_s03bis09.pdf
Autor
Dr. Klaus G. Müller-Beck
Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.
48291 Telgte
E-Mail: klaus.mueller-beck@t-online.de