AKTUELLES

Bericht zum 129. DRG-Rasenseminar in Irdning

„Begrünungen im alpenländischen Raum“

Autoren: © Maximilian Karle, B. eng., Hochschule Osnabrück, Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.

 

Einleitung

Mit dem gewählten Leitthema „Begrünungen im alpenländischen Raum“ war für die Teilnehmer des 129. DRG-Rasenseminars klar, dass die Reise in die Berglandschaft gehen würde. Das interessante und informative Programm am 9. und 10. September 2019 in der Versuchsanstalt Raumberg-Gumpenstein, in der Steiermark, besuchten erfreulicherweise rund 60 Teilnehmer aus den Ländern Deutschland, Niederlande, Österreich und der Schweiz. Vorträge zu verschiedenen Forschungsprojekten der HBLFA Raumberg-Gumpenstein und die Besichtigung einer Skipiste in Tauplitz sowie das Renaturierungsprojekt auf der Golfanlage Golf- & Land-Club Ennstal waren die Highlights des ersten Seminartages. Der zweite Seminartag wurde maßgeblich von den Kolleginnen und Absolventen der BOKU Wien gestaltet. Unter Leitung von Frau Prof. Dr. Rosemarie Stangl, vom Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau, wurde der Themenkomplex „Begrünung in der Stadt“ an Hand verschiedener Projektbeispiele präsentiert.
Der Seminarverlauf bot, abweichend zu dem bekannten Verfahren, an beiden Tagen im Anschluss an die Referate-Serie eine zielgerichtete Exkursion.

 

Networking und Gedankenaustausch mit den Kollegen
Abb. 1: Networking und Gedankenaustausch mit den Kollegen, ein wichtiger Bestandteil der DRG-Rasenseminare,
wie hier im Versuchsfeld der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Eine ausführliche Berichterstattung erfolgt in der Zeitschrift RASEN 3-2019.
Für die DRG-Mitglieder stehen zeitnah die Vortrags-Handouts im Login-Bereich zum Download zur Verfügung.

 

„Begrünung am Berg und im Tal“

Im ersten Vortragsblock, der von den Fachkollegen der HBLFA Raumberg-Gumpenstein bestritten wurde, standen die Besonderheiten bei den Anforderungen und der Realisierung von Begrünungsprojekten im Hochlagengebiet im Fokus.

Am Beispiel der neuen Richtlinie „Standortgerechte Rekultivierung und Wiederbegrünung in Hochlagen“ ging Dr. Bernhard Krautzer auf einige Inhalte der ÖGA-Info von 6-2019 ein.
Die Richtlinie beschreibt den Stand von Technik, Forschung und Wissenschaft im Bereich ökologisch orientierter Herstellung bzw. Rekultivierung eines funktionsfähigen Ökosystems und eines dem Ausgangszustand entsprechenden Landschaftsbildes und Erholungswertes der Landschaft im Zuge technischer Eingriffe in Hochlagen.

Einen besonderen Stellenwert nimmt die Auswahl der Blüh- und Saatmischungen ein. Hier berichtete Krautzer über die Empfehlungen der Broschüre „Aufblühen – Blühmischungen aus heimischen Wildpflanzen“. (ÖGA-Info 4-2018).

Die Begriffe Artenvielfalt und Biodiversität werden gerade in den Hochlagen sehr sensibel und kritisch beobachtet. So heißt es: „Die Biodiversität ist die Gemeinschaft des Lebens, alles was lebt: Tiere, Pflanzen, Pilze und Bakterien. Biodiversität schließt aber auch die genetische Vielfalt innerhalb der Arten sowie die Fülle der Lebensgemeinschaft und Lebensräume (Ökosysteme) ein.

Die Formel lautet:
Biodiversität = biologische Vielfalt = Naturvielfalt = gesamte Vielfalt des Lebens.

Die Vielfalt der Arten und Lebensräume und die genetische Vielfalt bilden die Grundlage für sämtliche Lebensprozesse und Ökosystemleistungen auf unserem Planeten.“
Unter Berücksichtigung von regionalem Saatgut werden derzeit aktuell 170 Arten vermehrt. Somit wird die Vegetation der unterschiedlichen Naturräume nicht vermischt und das regionale Vegetationsbild der zehn ausgewiesenen Naturräume in Österreich bleibt erhalten.

 

Naturräumliche Großeinheiten für Österreich gemäß Prüfrichtlinie für die Zertifizierung
Abb. 2: Naturräumliche Großeinheiten für Österreich gemäß Prüfrichtlinie für die Zertifizierung und
den Vertrieb von regionalen Wildgräsern und Wildkräutern nach Gumpensteiner Herkunftszertifikat
(G-Zert). (Quelle: ÖAG-Info 4-2018)

 

Alternativen zum Saatgut sind Vegetationsübertragungen von Spenderflächen auf Empfängerflächen. In einer Studie der HBLFA wurde die Übertragung von Saatmaterial aus Grünlandflächen mit hohem Naturwert auf Flächen mit ähnlichen Standortbedingungen untersucht. Mit den Übertragungsmethoden Green Hay und Drusch wurde Saatgut auf zwei Versuchsflächen übertragen. Im Verlauf des Versuches etablierten sich immer mehr Kräuter in den Arealen. Ein signifikanter Unterschied zwischen den Übertragungsmethoden konnte nicht dokumentiert werden.

Im Zuge von Umweltauflagen musste der Golf- & Land Club Ennstal, zwei Spielbahnen zurückbauen, um sie zu renaturieren. Ziel war es, Flächen mit naturschutzfachlichem Wert und Lebensraum für den stark gefährdeten Wachtelkönig zu schaffen. Für die Renaturierung der Flächen wurden eine Iriswiese und eine Pfeifengraswiese ausgewählt. Diese wurden abgeerntet und das Saatgut mit der Drusch-Methode auf die Empfängerflächen übertragen.

 

Exkursion Golfplatz-Renaturierung

Nach einem zünftigen Mittagessen beim GC Weißenbach konnten sich die Teilnehmer vor Ort ein Bild vom Entwicklungsstand den renaturierten Flächen auf der Golfanlage machen. So wurde unter anderem sichtbar, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden Arealen gab. Ein Grund ist vermutlich der Nährstoffanteil im Boden der Empfängerfläche Pfeifengraswiese. Sie wurde noch vor der Nutzung als Golfplatz für die Ackerbaubewirtschaftung genutzt.

 

Empfängerfläche der Iriswiese auf der Golfanlage Ennstal.
Abb. 3: Empfängerfläche der Iriswiese auf der Golfanlage Ennstal. (Foto: M. Sax)

 

Exkursion Tauplitzbahn Skipistenbegrünung

Die Skipiste der Tauplitzbahn wurde am Nachmittag zum Abschluss des Seminartages besichtigt. Von der Basisstation ging es mit der Tauplitzbahn, die eigens für die DRG-Teilnehmer in Betrieb genommen wurde, auf die in 1.676 Meter über NN liegende Mittelstation. Dort wurde allen Teilnehmern sehr eindrucksvoll klar, welchen Einfluss Standorteigenschaften auf die Vegetation ausüben; denn in der Nacht hatte es geschneit die Skipiste in ein Weiß getaucht. In diesem Bereich wurden 2016 ca. 17 ha der Skipiste mit einer Steinfräse bearbeitet und mit Humus vermischt, um die Voraussetzung für eine Vegetation zu schaffen, die äußerst nutzungselastisch ist und mit dem extremen Standort fertig wird. Für ein Hektar standortgerechte Begrünung würden in etwa Kosten zwischen 10.000 und 15.000 Euro anfallen.

 

Die Teilnehmer des DRG-Rasenseminars bei der Besichtigung der Skipiste nach dem ersten Schneefall in Höhe der Mittelstation auf 1.676m über NN.
Abb. 4: Die Teilnehmer des DRG-Rasenseminars bei der Besichtigung der Skipiste nach
dem ersten Schneefall in Höhe der Mittelstation auf 1.676m über NN. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Über die Skipiste erfolgte der Abstieg zurück auf schneefreie 1.207m über NN.
Abb. 5: Über die Skipiste erfolgte der Abstieg zurück auf schneefreie 1.207m über NN. (Foto: M. Sax)

 

„Begrünung in der Stadt“

Die Vortragsreihe des zweiten Seminartages wurde maßgeblich von den Mitarbeitern*innen der BOKU Wien gestaltet. Unter Leitung von Frau Prof. Dr. Rosemarie Stangl, vom Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau, wurden verschiedene aktuelle Studien und Versuche der Universität für Bodenkultur in Wien vorgestellt.

Alpenländische Städte haben mit enormen Herausforderungen zu kämpfen. Zum einen sind es Wetterextreme mit häufigen Starkregenereignissen und zum anderen sind es Versiegelungen von Freiflächen. Grüne- und Blaue Infrastrukturen müssen daher unbedingt erhalten, gepflegt und vor allem weiterentwickelt werden, um die Lebensqualität in den Städten zu gewährleisten.

Rasenflächen auf Dächern wären definitiv eine Variante, um das Potenzial der Regenwasserretention und Klimaregulation auszuschöpfen, wie die ersten Ergebnisse aus einer Studie zeigten.

Mit dem Forschungsprojekt GreenSkin wurde ein innovatives Verfahren zur vertikalen Begrünung in der Stadt vorgestellt. Dieses integrierte Vertikalbegrünungssystem kann mit mehreren Vorteilen gegenüber herkömmlichen Fassadenbegrünungen auftrumpfen. So kann der Wasserverbrauch durch ein spezielles Substrat nahezu halbiert werden. Ein geringeres Gewicht und die einfache Steckbauweise machen das System an unterschiedlichsten Standorten möglich. An drei Versuchsstandorten in Bonn, Wien und Plovdiv wird weiterhin an der technischen Verfeinerung von GreenSkin geforscht.

Starkregenereignisse nehmen als Folge des Klimawandels immer mehr zu. Das Forschungsprojekt SAVE beschäftigt sich mit dem urbanen Regenwassermanagement. Auf den Flächen in Wien werden unterschiedlichste Substrate getestet und deren Fähigkeit, Regenwasser zu binden und abzuleiten untersucht. Durch ein Duales System wird das Regenwasser in die Versuchsflächen eingeleitet und überwacht, wie die Substrate bei Regenwasserversickerung funktionieren. Die Versuchsergebnisse zeigen auf, dass die speziell entwickelten Substrate für hoch frequentierte Niederschlagsmengen besser geeignet sind als herkömmliche.

 

Besichtigung der Versuchsflächen an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein.
Abb. 6: Besichtigung der Versuchsflächen an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Exkursion Versuchsfeld HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Zum Abschluss des 129. DRG-Rasenseminars besichtigten die Teilnehmer die Versuchsflächen der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Dabei wurden ausgewählte Projekte vorgestellt. So erläuterte Dr. Erich Pötsch das ClimGrass Forschungsprojekt zur Biogeochemie von Grünland unter veränderten Klimabedingungen.
Auf der Versuchsfläche können Temperaturanstieg, C02 -Auswirkungen und Trockenheit unterschiedlich simuliert werden, um anschließend den Pflanzenbestand, die Futterqualität und Nährstoffkreisläufe zu dokumentieren.

Neben Vermehrungsflächen für die Saatgutproduktion von regionalen Arten konnte auch eine Fläche besichtigt werden, die aus Kalkschotter-Material aufgebaut wurde, um daraus eine Parkplatzfläche als Schotterrasen zu entwickeln.

 

Blick auf die Saatgutproduktion und Vermehrungsflächen an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein mit traumhafter Hintergrundkulisse.
Abb. 7: Blick auf die Saatgutproduktion und Vermehrungsflächen an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein
mit traumhafter Hintergrundkulisse. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Versuchsfläche des ClimGrass Forschungsprojektes.
Abb. 8: Versuchsfläche des ClimGrass Forschungsprojektes. (Fotos: K.G. Müller-Beck)

 

Podiumsdiskussion

In einer abschließenden Podiumsdiskussion wurden einige Statements zu Lösungsansätzen für alpenländische Begrünungen in der Zukunft entwickelt.
So wurde die Sorge um die Entwicklung der Kulturlandschaft vor dem Hintergrund der Biodiversität zum Ausdruck gebracht. In der Zukunft sollten verstärkt Leuchtturmprojekte neuen Ideen zum Erfolg verhelfen z.B. beim Projekt „Regengärten“!
Allen Teilnehmern war klar: „Grüne Infrastruktur geht nicht ohne Pflege!“

 

Teilnehmer der Podiumsdiskussion
Abb. 9: Teilnehmer der Podiumsdiskussion von li. Dr. Bernhard Krautzer, HBLFA Raumberg-Gumpenstein;
Priv.-Doz. Dr. Ulrike Pitha, Universität für Bodenkultur Wien und Prof. Martin Bocksch, Deutsche Rasengesellschaft. (Fotos: K.G. Müller-Beck)

 

 

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