AKTUELLES

Bericht zum 127. DRG-Rasenseminar in Wiesbaden

„Wasser, ein wichtiger Wachstumsfaktor für den Rasen“

Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.

 

Mit dem Titel „Wasser – Verfügbarkeit, Qualität, Aufbereitung“, hatte  die Deutschen Rasengesellschaft für das 127. DRG-Rasenseminar eine hochaktuelle Thematik gewählt. Erstaunlicherweise fanden nur ca. 50 Teilnehmer am 24. und 25. September 2018 den Weg nach Wiesbaden, um sich mit dem wichtigen Wachstumsfaktor „Wasser“ zu beschäftigen.
Nach dem extremen Sommer 2018, mit zahlreichen Rasenschäden durch Hitze und Trockenheit, konnten sich die Teilnehmer der Fachexkursion davon überzeugen, dass der Einsatz von „Brauchwasser“ aus der Kläranlage durchaus eine Alternative zur Beregnung von Golfanlagen darstellen kann.
Bei der Programm-Gestaltung des Exkursionstages aber auch bei der Auswahl der Referate-Themen, hatte die verantwortliche Organisatorin aus dem DRG-Vorstand, Frau Susanne Wöster, eine spannende Abfolge der Projekte zusammengestellt.  Das Format des zweitägigen Rasenseminars mit Besichtigungen im Vorfeld der Referatetagung hat sich erneut bewährt.

 

Exkursion mit Fakten zur Praxis

1. Golfanlage Hof Hausen vor der Sonne

Auf der mit fünf Sternen vom BVGA ausgezeichneten Golfanlage im Rhein-Main-Gebiet steht den Mitgliedern und Gästen der 18-Loch-Meisterschafts­platz sowie ein anspruchsvoller 6-Loch-Kurzplatz und eine großzügige Driving-Range zur Verfügung.Im Rahmen des DGV Programms „Golf&Natur“ wurde der Golfplatz bereits mehrfach in der Stufe Gold rezertifiziert. (Quelle: www.hofhausengolf.de/golfanlage/)

Der Course Superintendent, Peter Robinson, begrüßte die DRG-Seminarteilnehmer auf der Anlage. Er erläuterte die wesentlichen Pflegemaßnahmen insbesondere das Nachsaat-Programm mit einer Mischung aus Agrostis stolonifera (Sorte DECLARATION)  und drei Sorten der Art Festuca rubra commutata zur Optimierung der Greens-Qualität.

 

Erweiterter Beregnungs-Teich mit massiver Steinmauer und Wasserzufluss
Abb. 1: Erweiterter Beregnungs-Teich mit massiver Steinmauer und Wasserzufluss bis 10.000 m³. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Aufbereitung von Brauchwasser

Ein besonderer Schwerpunkt der Besichtigung lag auf der Nutzung und Aufbereitung von Brauchwasser für die Beregnung der Anlage. Jährlich stehen dem Golfplatz 100.000 m³ Brauchwasser aus der nahegelegenen Kläranlage zur Verfügung. Die Aufbereitung des Wassers erfolgt mit zwei Greensaver-Anlagen (Gowa-Tec) der Baureihen 400 (2007) und 250 (2018).  Auf diese Weise können täglich 750 m³  nach TVO einwandfreies Brauchwasser für die Beregnung bereitgestellt werden.

Durch die Aufbereitungsanlage wird sichergestellt, dass die behördlichen Auflagen zur Wasserqualität eingehalten werden. Eine engmaschige Beprobung erfolgte monatlich.

 

Greensaver-Anlage zur Behandlung des eingesetzten Brauchwassers Greensaver-Anlage zur Behandlung des eingesetzten Brauchwassers
Abb. 2 a+b: Greensaver-Anlage zur Behandlung des eingesetzten Brauchwassers. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Als speziell geschulter Beregnungsanlagen-Techniker, überwacht der Assistant Course Superintendent, Nico Schäfer, die Funktionsfähigkeit der computergesteuerten Beregnungsanlage auf dem Golfplatz.
Insgesamt sorgen 721 Regner und 430 Decoder dafür, dass mit der 35 Kilometer langen Rohr- und Steuerleitung die Flächen optimal bewässert werden. Davon konnten sich die Exkursionsteilnehmer überzeugen.

 

2. Abwasserreinigungsanlage Niederrad, Frankfurt a.M.

Die Exkursion am ersten Seminartag startete auf der 110 ha großen 33 Loch-Golfanlage Kaiserhöhe bei Ravenstein. Clubmanager und Head-Greenkeeper stellten sie bei einer ausführlichen Führung vor. Zur Präsentation der verschiedenen Mähtechniken hatten die Organisatoren vier Firmen angefragt. Vom vollelektrischen Grünsmäher bis zum ferngesteuerten Kettenfahrzeug mit Sichelmäher für steile Landschaftsrasen bekamen die knapp 60 Teilnehmer alles zu sehen.

 

Wasseraufbereitung aus nächster Anschauung im historischen Klärwerk Frankfurt Niederrad
Abb. 3: Wasseraufbereitung aus nächster Anschauung im historischen Klärwerk Frankfurt Niederrad. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Historie

Die vier unterirdischen Absetzbecken von je 82 m Länge waren ursprünglich für ca. 140.000 Einwohner bemessen. Die erweiterte und modernisierte Anlage war bis 1960 in Betrieb und diente nach dieser Zeit noch zur Regenwasserbehandlung.
Im alten Betriebsgebäude ist noch heute das Labor des Umweltamtes der Stadt Frankfurt am Main untergebracht.
Die historische Anlage steht unter Denkmalschutz und wird erhalten. Die DRG-Teilnehmer konnten sich vor Ort ein Bild von diesem komplexen System machen (Abbildung 3).

Der Weg des Abwassers durch die Kläranlage begann am Sandfang, wo sich die schweren mineralischen Stoffe auf dem Boden absetzten. Mit Hilfe der Rechenanlage wurden die letzten groben Stoffe von Hand aus dem Abwasser entfernt.
In der anschließenden Mischkammer, dem chemischen Teil der Anlage, wurde dem Wasser schwefelsaure Tonerde und Kalk beigemischt. Durch chemische Reaktionen sinken die Schwebestoffe schneller auf den Boden der anschließenden Absetzbecken.
Die für den gewünschten Absetzprozess erforderliche Reduzierung der Fließgeschwindigkeit wurde durch Vergrößerung des Fließquerschnitts erreicht. Über die Ablaufgalerie verließ das so gereinigte Wasser die Anlage und wurde in den Main geleitet.

Das Anwachsen der Bevölkerung und die höheren Ansprüche an die Hygiene erforderte eine Erweiterung und Modernisierung der Anlage. Von 1902 -1904 fanden die Umbaumaßnahmen statt. Die alte Anlage wurde um drei Längsbecken erweitert, die Becken geteilt und die Einlaufgalerie in die Mitte verlegt. Auf diese Weise standen 14 Kammern zur Verfügung. Mit der Erweiterung wurde eine Mechanisierung der Anlage vorgenommen. Sie bestand in der Neugestaltung des Sandfangs und dessen Ausrüstung mit einem Bagger sowie dem Einbau einer mechanischen Rechenanlage - einer Konstruktion Frankfurter Techniker - sowie einer Vakuum/ Kompressionsanlage zur Schlammförderung. Dadurch verbesserten sich die unzumutbaren Arbeitsbedingungen sowie die Verfügbarkeit der Anlage in erheblichem Maße.

Aufgaben der heutigen Kläranlage Frankfurt a.M.

Die Stadtentwässerung Frankfurt am Main wird als Eigenbetrieb geführt.

Zu den Aufgaben der Stadtentwässerung Frankfurt zählen:

  • Die Gewässer in Frankfurt am Main rein zu halten durch umweltschützende Ableitung und Reinigung des Abwassers aus Frankfurt am Main und den angeschlossenen Städten und Abwasserverbänden.
  • Die Frankfurter Gewässer naturnah zu entwickeln durch naturgerechte Unterhaltung und Ausbau bei angemessenem Hochwasserschutz.

 

Wasseraufbereitung aus nächster Anschauung im historischen Klärwerk Frankfurt Niederrad
Abb. 4: Ablaufbecken der Kläranlage Frankfurt Niederrad. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Millionen Liter Wasser fließen täglich durch Frankfurter Haushalte. So selbstverständlich wie das Wasser aus der Leitung kommt, fließt es auch wieder ab - in eine Unterwelt, von der wir nicht viel wissen. Ein ausgedehntes Kanalsystem führt das Schmutzwasser aus den Haushalten und das Regenwasser von den Dächern und befestigten Flächen zu den Abwasserreinigungsanlagen (ARA), die es nach einer 15-20-stündigen Reinigungsprozedur in bester Qualität wieder verlässt. An den Einleitungsstellen des gereinigten Wassers in den Main hat dieser die beste Wasserqualität auf Frankfurter Stadtgebiet.

Die Reinigung des städtischen Abwassers sowie die Beseitigung des dabei anfallenden Klärschlamms hat in Frankfurt eine seit dem 1. August 1887 ununterbrochene Tradition. Die angewandten Techniken mussten immer wieder den steigenden ökologischen, ökonomischen und gesetzlichen Anforderungen angepasst werden. Auf vielen Gebieten war Pionierarbeit zu leisten.
Der Abwasserbetrieb  sorgt für eine nachhaltige Sicherung der Lebensgrundlagen und ist insbesondere der Ressource Wasser verpflichtet. Durch laufende Fortentwicklung der technischen Standards werden die Umweltbelastungen minimiert und die Qualität der Gewässer stetig verbessert.

Quelle: www.stadtentwaesserung-frankfurt.de/ueberuns.html

 

3. Botanischer Garten Universität Mainz

Die Exkursions-Gruppe der DRG wurde von Frau Dr. Ute Becker begrüßt und zusammen mit einem Kollegen in zwei Gruppen durch das Gelände des Botanischen Gartens geführt.

Zu den Kern-Aufgaben des Botanischen Gartens der Johannes Gutenberg-Universität zählen:

Forschung und Lehre
D
ies ist das Hauptaufgabengebiet des Mainzer Gartens, der dem Institut für Spezielle Botanik im Fachbereich Biologie angegliedert ist. Der Garten unterstützt die laufenden Forschungsprojekte der Arbeitsgruppen durch die Bereitstellung von Versuchsflächen und Forschungsmaterial. Für einzelne Projekte werden temporäre Spezialsammlungen aufgebaut.

 

Frau Dr. Ute Becker bei der Begrüßung der DRG-Seminarteilnehmer Die Vertiefung und Bearbeitung der Systematik nimmt am Institut für Spezielle Botanik eine besondere Stellung ein
Abb. 5 a+b: Frau Dr. Ute Becker bei der Begrüßung der DRG-Seminarteilnehmer am Übersichtsplan zum Botanischen Garten in Mainz. Die Vertiefung und Bearbeitung der Systematik nimmt am Institut für Spezielle Botanik eine besondere Stellung ein. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Weiterbildung und Öffentlichkeitsarbeit

Durch die Präsentation seiner Sammlungen, öffentliche Führungen, Ausstellungen, Broschüren und Informationstafeln wendet sich der Botanische Garten an eine breite Öffentlichkeit. Er bietet allen Interessierten die Möglichkeit, sich umfassend über botanische Themen zu informieren. Die Bewusstseinsbildung über die Bedeutung pflanzlicher Vielfalt (Biodiversität) ist ein zentrales Anliegen des Gartens.

Erhalt der biologischen Vielfalt

Der Mainzer Botanische Garten bemüht sich, die in Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedrohten Pflanzen zu kultivieren. Im Mittelpunkt stehen dabei die Arten des Naturschutzgebietes "Mainzer Sand", die im Botanischen Garten auf einer naturnahen Nachbildung ihres Lebensraumes („ex-situ“) erhalten werden. Daneben beteiligt sich der Garten auch an den Pflegemaßnahmen im Naturschutzgebiet „Mainzer Sand.

 

Nachbildung des Naturschutzgebietes „Mainzer Sand“ im Botanischen Garten
Abb. 6: Nachbildung des Naturschutzgebietes „Mainzer Sand“ im Botanischen Garten. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Berufsausbildung zum Gärtner (Zierpflanzenbau)

Zur Präsentation und Bewahrung pflanzlicher Vielfalt ist gärtnerisches Wissen und Können unerlässlich. Daher ist dem Botanischen Garten die Berufsausbildung zum Gärtner ein wichtiges Anliegen. Derzeit verfügt der Garten über neun Ausbildungsplätze. Anders als in Produktionsbetrieben, in denen meist nur wenige Pflanzenarten vermehrt werden, lernen die angehenden Gärtnerinnen und Gärtner in Botanischen Gärten die Kulturbedingungen für ein breites Spektrum unterschiedlicher Pflanzen kennen.

Kultur und Erholung

Neben seiner Bedeutung für Forschung, Lehre, Weiterbildung und Artenschutz ist der Botanische Garten ein Ort des interdisziplinären Dialoges und der Entspannung auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität. Durch Events wie das "Sommerfest“, "Tropennacht" oder „Musik im Garten“ lockt er jährlich Tausende Besucher an und wirkt damit als wichtige Schnittstelle zwischen der Universität und der Bevölkerung der Region. 

Quelle: www.botgarten.uni-mainz.de/aufgaben/

Süßgräser in allen Klimazonen

Beim Rundgang durch den Botanischen Garten wies Frau Becker auf die Evolutionsgeschichte der Gräser hin und zeigte den DRG-Teilnehmern im Gewächshaus eine ursprüngliche Art der Poaceae nämlich Pharus latifolius aus den Tropen (Abbildung). Insgesamt rechnet man heute bei den Poaceae (= Gramineae) mit ca.11.300 Arten und 750 Gattungen.
Da wird deutlich, dass für die Rasennutzung nur ein sehr geringer Anteil der Arten Verwendung findet.

 

Pharus latifolius Festuca pratensis (Synonym Lolium pratense, re.)
Abb. 7: Pharus latifolius (li.) im Gewächshaus des Botanischen Gartens steht als Typus-Art der Gattung Pharus und zählt zu den Ursprüngen der  Gräser (Poaceae) in den Tropen.
Abb. 8: Festuca pratensis (Synonym Lolium pratense, re.) der Wiesen-Schwingel ist ein formenreiches Wiesengras, er bildet als ausdauerndes Obergras  lockere Horste mit kurzen Rhizomen und erreicht kaum eine geschlossene Rasenbildung. (Fotos: K.G. Müller-Beck)

 

4. Stadion am Bruchweg, Mainz

Das Bruchwegstadion war immer das Gesicht des hier beheimateten Fußballvereins 1. FSV Mainz 05. Lange Zeit ein marodes Nachkriegsrelikt, dann ein Provisorium und im vergangenen Jahrzehnt eine stimmungsvolle Blechkiste.

 

Eingang zur Besichtigung des Bruchweg-Stadions in Mainz
Abb. 9: Eingang zur Besichtigung des Bruchweg-Stadions in Mainz. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Die Beziehung des 1. FSV Mainz 05 zu seinem Bruchwegstadion ist eine wechselhafte, die sich erst im letzten Jahrzehnt ihrer 74-jährigen Ehe zu einer liebevollen Liaison entwickelte.
Viele bauliche Maßnahmen wurden im Laufe der Jahre durchgeführt. 1995 strahlte dann die erste Flutlichtanlage am Bruchweg als Synonym für einen Mindeststandard im Profifußball.

 

Ein sachverständiger Blick auf das Bodenprofil durch Prof. Dr. W. Prämaßing
Abb. 10: Ein sachverständiger Blick auf das Bodenprofil durch Prof. Dr. W. Prämaßing re. (HS Osnabrück) und Anton Morbach (Mitte), werden von A. Kastingen (li. Fa. Heiler), verantwortlich für das Greenkeeping, kommentiert. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Der Wandel kam für Mainz 05 und das Bruchwegstadion mit dem sportlichen Erfolg. 1997 erhielt das Stadion als Folge des Aufstiegskampfes zur Bundesliga ein dauerhaftes Provisorium in Gestalt von zwei Kopftribünen. Der zweite Ausbau erfolgte erneut in der Hoffnung auf den Bundesliga-Aufstieg.

Weil es die Emotionen sind, die ein Stadion leben lassen, war mit dem Auszug aus dem Bruchwegstadion kein Endpunkt erreicht. Der Umzug in die Coface Arena, jetzt Opel-Arena, bildete eine wichtige Etappe in der Vereinsgeschichte, am Bruchweg schlägt jedoch weiterhin das Herz des Vereins. Die Opel Arena rückt nur an den Heimspieltagen in den Mittelpunkt des Interesses. Ansonsten fühlen sich die Profis im Bruchwegstadion zu Hause. Die Infrastruktur im und um das Bruchwegstadion wird im täglichen Trainingsbetrieb genutzt. An den Wochenenden tragen die U23 ihre Regionalliga- und die U19 ihre Bundesliga-Spiele hier aus.

Quelle: www.mainz05.de/stadion/bruchwegstadion/

Neben den vorhandenen Kunstrasenplätzen erhält das Nachwuchsleistungszentrum derzeit drei neue Rasensportplätze für den Trainingsbetrieb, die von der Firma Heiler erstellt werden. Neben den Baumaßnahmen ist die Firma Heiler auch für das Greenkeeping im Stadion am Bruchweg und in der Opel-Arena verantwortlich.

 

Neuer Rasensportplatz am Bruchweg für den Trainings-Betrieb
Abb. 11: Neuer Rasensportplatz am Bruchweg für den Trainings-Betrieb. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Die Berichterstattung zur Referatetagung mit dem Thema:

„Wasser: Verfügbarkeit, Qualität, Aufbereitung“, erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt auch in der Zeitschrift „RASEN – Turf – Gazon“, Ausgabe 4-2018.

Mitglieder der Deutschen Rasengesellschaft e.V. können die Handouts der Vorträge im Login-Bereich der DRG-Homepage einsehen.

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